Das, find ich, war mal eine tolle Idee von Justus Hauenherm,
der schrieb:
Hallo Bobby Schenk,
nach dem Besuch des letztjährigen Blauwasserseminars gehört der regelmässige 'Klick' auf Ihre Website zur 'lustvollen' Pflicht. Besonders die Kurzporträts amtierender Weltumsegler/innen und ihrer Schiffe finde ich interessant, weil ich immer den Vergleich ziehe zwischen den eigenen (bislang zu wenig genutzen) Möglichkeiten hinsichtlich Schiff, Ausrüstung, etc. aber auch eigenem Alter und finanziellen Möglichkeiten.
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Dabei fiel mir u. a. auf, dass nahezu alle Weltumsegler mit ihren Schiff zufrieden waren, ganz egal, ob es 26 oder 70 Fuss hatte, ob aus Stahl oder GFK, ein oder zwei Rümpfe etc. Auch die Angaben über den finanziellen Bedarf während er Reisen schwanken sehr stark.
Halten Sie es für sinnvoll, einmal eine statistische Auswertung der Antworten anzufertigen, um so einen mehr oder minder repräsentativen Querschnitt über Schiffe und Crews zu bekommen?
Wer, wenn nicht Sie, könnte diesen repräsentiven Querschnitt durch die (deutsche) Weltumseglerszene liefern...;-)?? Nein,
Herr Hauenherm, schrieb ich zurück, auf unseren Yachten hatten wir immer die Regel, gültig für alle Crewmitglieder:
"Wer eine Idee hat, muss sie auch realisieren!"
Sie hatten die gute Idee, meine Rubrik Who-isWho statistisch auszuwerten. Wie wäre es, wenn Sie das
übernehmen. Der richtige Moment scheint mir gerade jetzt gekommen, weil ich nun
genau fünfzig Weltumsegelungen beisammen hab. Und ein halbes Hundert ist schon eine Zahl, die man statistisch ernsthaft betrachten könnte. So
entstanden die doch sehr aussagekräftigen Diagramme mit Ergebnissen, die mich
zum Teil überrascht hatten.
Das
Fazit
 Das
ist nicht überraschend: Irgendwie auch natürlich, dass hier Paare weit in der
Überzahl sind. Meist handelt es sich um Lebensgemeinschaften, die auf das
große Ziel einer Weltumsegelung hingearbeitet haben, sei es beim gemeinsamen
Schiffsbau, sei es bei der Finanzierung der Reise. größere Freundesgruppen
kann man zwar häufiger erleben, doch meist halten diese
Bande keine ganze Weltumsegelung. Wer auch in die
19%-Gruppe (ein Fünftel) zu zählen ist, sind Paare mit
Kinder, sodass andere größere Gruppen, meistens Freunde, die Ausnahme
darstellen. Einhand-Segler sind seit jeher die kleine Minderheit. Oft sind es
aber keine verschrobenen Eigenbrödler, sondern das Einhandsegeln ist bei jenen
aus der Not geboren worden, keinen geeigneten Partner oder Partnerin gefunden zu
haben.
 Auch
dieses statistische Ergebnis ist keine Überraschung. Zwar fanden
Weltumsegelungen in Yachten ("Sportbooten") schon vor Beginn des 20
Jahrhunderts statt, wie die des legendären Joshua Slocum, doch bis in die 80er
Jahre des letzten Jahrhunderts hatten solche Unternehmungen immer noch
Ausnahmecharakter. Nur 12% weist die Satistik von den 50 Weltumseglern bis 1980
aus, was natürlich auch daran liegt, dass die Weltumsegler früherer Jahre
heute gar kein Zeugnis mehr ablegen können, also auch gar nicht interviewt
wurden. Aber signifikant ist doch die Entwicklung ab 1990, wo sich die Zahl der
Weltumsegelungen gegenüber früher verdreifacht haben. Was allerdings auch
damit zu tun hat, dass die Yachten besser, die Routen bekannter und die
Navigation, einst mit dem Sextanten ein "Kunststück", heute per GPS
ein Kinderspiel ist.
 Das
sollte Mut machen! Neue oder für die Weltumsegelung in einer Werft bestellte
Schiffe sind in der Minderzahl. Nach meiner rein optischen Schätzung der
Hafenbilder und der Ankerbuchten dürfte der Altersdurchsnitt so bei 25 Jahren
liegen. Und im Wesentlichen handelt es sich hierbei meist um Yachten aus zweiter
oder dritter Hand. Das deutet aber sicher nicht auf ein überwiegendes Zutrauen
zu älteren Yachten, sondern auf die finanziellen Möglichkeiten der
Weltumsegler: Lieber mit einem gebrauchten Schiff um die Welt als gar nicht.
 Die
Zeit der Holzyachten geht dem Ende zu. Die Gründe liegen auf der Hand: Keine
Serienbauten, deshalb zu teuer, Haltbarkeitsprobleme, man denke nur an den
früher so sehr gefürchteten Teredo-Wurm, der ganze Flotten von Holzschiffen
auf dem Gewissen hat und vor allem an dem enormen Unterhaltsaufwand des an und
für sich optisch warmen Baustoffes. Man stelle sich vor, lackiertes Holz muss
bei der Sonneneinstrahlung in den Tropen alle sechs Monate nachgestrichen (vor
allem aber geschliffen) werden. Aluminium, eigentlich ein begehrter Baustoff
für Langfahrtyachten ist im Gegensatz zu Kunststoff zu teuer und viele
schrecken auch vor besonderen Alu-Problemen (starke Korrosionsdefekte durch
Elektrolye bei unsachgemäßer Behandlung beim Bau oder im Betrieb. Nur 12% ist
also keine Überraschung. Immerhin benutzten ein Viertel eine Stahlyacht,
wahrscheinlich ob deren weitgehenden Unverwundbarkeit, obwohl Stahlyachten kaum
noch im Serien-Yachtbau zu finden sind. Mehr als die Hälfte aller
Weltumsegler-Yachten sind Kunststoffschiffe - sicher mit steigender Tendenz. Die
Gründe hierfür sind naheliegend: Große Serien können nur in GFK angefertigt
werden, deshalb ist eine gewisse Grund-Solidität im Verhältnis zu einem
mäßigen Preis offenbar. Die Schale ist nahezu wartungsfrei - im Gegensatz zu
Holz, Alu und Stahl.
 Bei
der Schiffslänge, das erwartete Ergebnis: Die "kleinen" und die
"großen" Yachten sind weit in der Unterzahl. Bei den Yachten unter 10
Metern sind meist finanzielle Gründe für die Schiffslänge maßgeblich, heute
sicher nicht wegen Bedenken der besseren Handlichkeit oder Sicherheit. Als die
Schenks mit der THALASSA 1970 um die Welt gesegelt sind, war das
Kunststoffschiff mit 10,30 Metern die größte deutsche GFK-Yacht und hat in
vielen Häfen die anderen Langfahrtyachten in der Länge übertroffen. Heute
würde sie fast noch in den Sektor mit den kleinsten Schiffen fallen. Dass
Yachten mit über 15 Metern nur im 12%-Sektor liegen, hat zwei Gründe.
Einerseits steigen bei diesen Größen (kaum noch Serienbauten) die Preise zum
Teil in schwindelerregende Höhen, andererseits sind Yachten dieser Größe von
kleiner Mannschaft - siehe oben - kaum noch zu unterhalten - faktisch, nicht
finanziell. Erwartungsgemäß liegt also die Durchschnittsgröße einer
Blauwasseryacht mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als dreiviertel zwischen
10 und 14 Metern
 Nur
18% Multihulls, meist Katamarane überraschen nicht. Trimarane sind seit Piver's
Zeiten in den 70er und 80er Jahren völlig verschwunden. Aber die Zahl von 18%
muss relativiert werden. Würde man nur Schiff mit einem Alter von bis zu 10
Jahren rechnen, wäre der Anteil der Kats sicher schon bei einem Drittel oder
so. Denn hochseetüchtige Katamarane nehmen in der Langfahrtszene sprunghaft zu,
vor allem, wenn man den französischen, neuseeländischen und australischen
Markt betrachtet. Der Grund: Kats können aus Gründen der notwendigen
Leichtigkeit praktisch nur aus Alu (selten) oder aus Kunststoff gebaut werden
und dieser Baustoff ist halt erst vergleichsweise jung. Zudem steigt die
Kentersicherheit mit der Länge (und Breite) des Kats, also mit seiner Größe -
siehe oben.
 Die
"klassische" Weltumsegelung führt immer noch die Passatroute entlang.
Werden hierbei die Orkan-Jahreszeiten beachtet und die dadurch notwendigen
stationären Aufenthalte im Hafen oder vor Anker, sowie die erheblichen Umwege
berücksichtigt, wonach gute Seemannschaft eigentlich verlangt, ergibt sich
normalerweise eine Reisedauer von drei bis vier Jahren. Oft sind auch die Kinder
(Schulpflicht) der limitierende Faktor für die Reiselänge. Dies gibt die Zahl
von 51% wieder. Bei den Weltumseglern, die über sieben Jahre unterwegs sind,
dürfte es sich um Glückliche handeln, die ihr ganzes Leben auf dem Schiff
verbringen können.
"Wo
hat es Euch am besten gefallen?"

Die statistische
Auswertung sieht zunächst verwirrend aus, ergibt aber ein klares Bild: Moorea
(Schwesterinsel von Tahiti), Vanuatu, Fijii, Polynesien, Pazifik und Tuamotus
sowieso, sind alles "Südsee", die damit gut über die 50%-Grenze
kommt. Die San-Blas-Inseln (letzte Station vor dem Panama-Kaal) und
Galapagos (meist erste Station nach dem Kanal im Südpazifik) sind deshalb so
stark vertreten - behaupte ich mal - weil das die ersten wirklich exotischen
Inseln sind, die nach Europa und der weitgehend touristischen Karibik (siehe
unten) angelaufen werden.
Die
schlechtesten Plätze?

Diese Statistik
überrascht nicht. Colon (Atlantikseite vom Panama-Kanal) gilt als einer der
kriminellsten Plätze der Welt. Außerdem sind die nervigen Vorbereitungen zur
Kanalpassage, sowie der damit verbundene Behördenkram, nicht gerade geeignet,
eine Gegend schön und einladend zu finden. Der bekannt schlechte Ruf der
Karibik ist sicher der Grobheit und Frechheit der dunklen Bevölkerung auf den
früher englischen Inseln zu verdanken. Auch Ägypten an dritter Stelle läss
sich mit korrupten Beamten, agressiven Bettlern und unfreundlichen,
schikanierfreudigen Behörden erklären. Südafrika hat wegen seiner hohen
Kriminalität einen schlechten Ruf und in Tahiti haben sicher der
Großstadtbetrieb, die Visumspflicht und vor allem die hohen Preise in der
ansonsten geliebten Südsee ganz wenige gestört.
Die
Antwort auf die meist gestellte Frage:

Die Zeiten eines
Wolgang Hausners ("ein Dollar pro Tag") sind vorbei, obwohl auch diese
Angabe in die Statistik (die genannten Ausgaben sind auf heutige Verhältnisse
umgerechnet worden) eingegangen ist. Den einen oder anderen mag es enttäuschen,
dass man für Schiff und zum Leben kaum weniger als 1500 Euro/Monat braucht. Oft
auch 2000 Euro. Die heutigen Weltumsegler
lassen es sich eher gut gehen lassen auf der Reise und statt zu sparen rückt
heute vielfach der Genuss (wie überall im Leben) mehr in den Vordergrund, was
natürlich die Bordkasse belastet. Hier handelt es sich um erlebte und nicht um erträumte
Geldausgaben. Vielleicht desillusioniert dies manchen Weltumsegel-Träumer noch
rechtzeitig.
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