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Briefe aus der Weltumseglerszene - Murks auf Yachten
Heide ("Nudel") und Guenther Voigt

und ihre PUSTEBLUME
Sie sind in Hamburg (ambulant) zu Hause und gehören zu Deutschlands frühen Weltumsegelpaaren. Von 1981 bis 1984 umsegelten sie mit Ihrer Yacht PUSTEBLUME. Nach ihrer Rückkehr begann der Apotheker Guenther Voigt aus seiner Weltumseglererfahrung heraus sein "Traumschiff" zu planen, eben die jetzige - neue - Pusteblume, eine 14-Meter-Ketsch aus Aluminium.
Nun nehmen sich Heide und Günther gelassen die Zeit, um
auf dem Schiff zu leben.
Leider, welcher Segler kennt das nicht, besteht ein Teil des
Lebens an Bord darin, sich mit der Schiffstechnik, oder besser gesagt, sich mit
den Herstellern der Schiffstechnik rumzuärgern. Heute appelliert Günther Voigt
an sie, den erfahrenen Weltumseglern zuzuhören und er bittet darüberhinaus die
Fachzeitschriften (YACHT) bei Testberichten über fabrikneue
Vorzeige-Yachtprodukten auch die praxisnahe Beurteilung von Langfahrtseglern
einzuholen...
Ich bin immer der Erste !
Die Wintersaison gab uns Fahrtenseglern wieder
mal die Zeit für all die Reparaturen, die sich während der Segelzeit wegen
nicht allzu großer Dringlichkeit verschieben lassen. Den ganzen Tag habe ich
heute wieder an dem Murks herumgebastelt, den uns so manche Hersteller mit
unglaublicher Beharrlichkeit verkaufen. Die elektrische Pumpe meines WC`s
braucht jedes Jahr eine neue Edelstahlplatte unter dem Impeller, weil man immer
noch A2 dafür verwendet. Dabei hat sich doch längst herumgesprochen, dass
Fäkalien die agressivsten Flüssigkeiten an Bord sind, die man nur mit
Edelstahl in A4-Qualität bändigen kann. Der Kunststoff des Zerhackergehäuses
wird von dem offenbar noch schärferen Gemisch aus Rost, Seewasser und Fäkalien
regelrecht zerfressen und hat zudem immer wieder Risse, weil er offenbar zu
schwach dimensioniert ist.
Die Aluminiumrahmen unserer Fenster zeigten
schon nach einem Jahr die ersten Korrosionsstellen. Nach 2 Jahren wurden daraus
richtige Löcher. Nach 4 Jahren mußten sie komplett ausgetauscht werden. Am
Großmast zerbrach im Top der viel zu dünn verschweißte Drehbeschlag der
Rollanlage. Der verchromte Handgriff der Motorschaltung korrodierte schon nach
einem Jahr. Die Deckenlampen aus verchromten Kunststoff wurden nach 3 Jahren
goldfarben und bekamen häßliche Korrosionflecken. Die Kühlwasserpumpe des
Motors leckt ebenso wie jene vom Generator immer wieder nach höchstens 500
Betriebsstunden und braucht dann neue Simmerringe. Die Rettungsringe aus
Schaumstoff lösten sich ebenso wie die Schwimmer der Notboje bereits in einer
Saison unter karibischer Sonne zu krümelndem Staub auf.
Die Aufzählung ließe sich noch beliebig
lange fortsetzen, und jeder andere Segler könnte sie gewiß um einige
Frustationen bereichern. Außer den offensichtlichen Mängeln haben diese
Produkte aber noch eines gemeinsam: Alle Hersteller reagierten auf meine
höfliche Mängelrüge mit dem Satz: "Sie sind aber der Erste, bei dem
dieser Fehler auftritt. So ein Problem wurde uns noch nie gemeldet." Dabei
hatte ich genau dieselben Mängel schon auf zahlreichen anderen Yachten gesehen.
Und ich wußte auch von diesen Segelfreunden, dass sie die Hersteller darauf
angesprochen hatten. Die Probleme mit den Fenstern hatten z.B. zahlreiche
Yachten eines schwedischen Herstellers, der seine Fenster von derselben Firma
kaufte wie ich. Nun ist sie pleite. Kein Wunder!
Sehr unterschiedlich ist leider die Art, wie
die Firmen auf diese Reklamationen reagierten. Manche waren durchaus
zerknirscht, gelobten Besserung und schickten schnell und ohne Diskussion
Ersatz. Andere trugen die Nase so hoch, dass sie sich den Ersatz voll bezahlen
ließen. Weit schlimmer aber finde ich, dass nur ganz wenige ihre Produkt
schnellstens änderten. Auch nach Jahren verkaufen sie immer noch den längst
erkannten Murks. Und spricht man sie auf der Bootsausstellung mal wieder darauf
an, dann haben sie - immer noch - nie etwas davon gehört.
Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass
sich bei den kleinen Serien auf dem Yachtsektor nicht die aufwendigen Tests
machen lassen, die Mercedes oder VW ihren Nullserien abverlangen. Aber wir
Langfahrtensegler, die wir die häufig nie realistisch gestestete Ausrüstung
teuer bezahlt haben, machen diese Tests auf allen Weltmeeren doch kostenlos. Da
kommt ähnlich wie bei den technisch versierten Testfahren enorm viel
Sachverstand zusammen, denn wir basteln ja meistens erst mal lange und mit viel
Geduld an diesen Mängeln herum, bevor wir uns an den Hersteller wenden. Viele
Stunden grübeln wir beim Reparieren über die Ursachen dieser Fehler nach. Im
Vergleich mit ähnlichen Produkten anderer Hersteller sehen wir nicht nur, dass
man es besser machen kann, sondern in der Regel auch, wie man es besser machen
könnte. Außer den korrodierenden Fenstern haben wir z.B. noch 20 Fenster eines
anderen Herstellers, die nicht die geringste Korrosion zeigen. Aber trotz seines
offenbar schlechteren Aluminiums behauptete der Fabrikant, alle Hersteller
nähmen dasselbe Material.
So kann das doch nicht ewig weitergehen! -
Deshalb möchte ich alle Hersteller im Yachtbereich bitten: Nehmt es ernst, wenn
wir euch aus den entferntesten Ecken der Welt in unseren Briefen über
mangelhaftes Zubehör berichten oder defekte Teile schicken. Legt euren
Einbauanweisungen Antwortkarten bei, mit denen ihr uns nach den Erfahrungen zu
euren Produkten fragt. Habt euren besten Experten auf den Bootsausstellungen
parat und hört genau hin, wenn wir euch von unseren Erfahrungen mit euren
Produkten erzählen. Es ist nicht immer nur Frust über nicht endende
Reparaturen, den wir abladen möchten, sondern es ist der Wunsch, zukünftig
bessere Ausrüstung aus eurem Hause kaufen zu können.
Es mindert auch überhaupt nicht die
Qualifikation eines Produzenten, wenn er Mängel an seinen Erzeugnissen
eingesteht, sofern er konsequent an deren Beseitigung geht und bei Ersatz auch
außerhalb der Garantiezeit etwas großzügig ist. Es kratzt aber ganz erheblich
an der Glaubwürdigkeit, wenn unser Anliegen nicht mit Aufmerksamkeit sondern
mit so abweisendem Erstaunen zur Kenntnis genommen wird, als hörte man von
diesen Mängeln wirklich zum ersten Mal.
Wenn dann auch noch die Zeitschriften auf dem
Bootssektor vor der Veröffentlichung ihrer Tests nach den Erfahrungen der Leser
fragen, und darüber neben den Testergebnissen berichten würden, dann würde
endlich auch über die vielen versteckten Mängel berichtet, die erst im
Gebrauch offenbar werden.
Günther Voigt, SY PUSTEBLUME
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