Trick-Siebzehn an Bord (98)
Fischen auf Langfahrt
erfahren
von
Wolfgang Hausner, Bobby Schenk und vielen anderen
Wenn
bei einer Ozeanüberquerung oder auch auf kürzeren Hochsee-Törns am Schiff
alles in Ordnung ist, das Wetter und dessen Vorhersage Ruhe verspricht, dann kann es, ehrlich, ganz schön
langweilig werden: Wochenlang nur geradliniger Horizont um einen herum! Man
wird viel Zeit in der Koje verbringen, die Selbststeueranlage arbeitet ja brav
vor sich hin, und die Bordbibliothek wird bald ausgelesen sein. Angeln ist
dann, wie eh und je auch in den elektroniklosen Zeiten, der ideale Zeitvertreib.
Man sollte aber nicht glauben, der Skipper säße brav hinter einer Rute und
warte geduldig auf ein Zucken der Leine. Das würde bald gähnend langweilig
und wahrscheinlich auch gänzlich erfolglos sein.
Wenn
gefischt wird, dann handelt es sich
um einen Rund-um-die-Uhr-Job. Die Angel wird immer nachgeschleppt, vielleicht
über Nacht eingeholt, damit ein Biß nicht zuviel Unruhe zur Unzeit ins Schiff
bringt, und gelegentlich mit der Beute eingeholt. Wenn man´s mag.
Auf
unseren vielen Reisen wurde ich im Laufe der Jahrzehnte vom Pflichtangler
("schnell die Angel raus, hier könnten Fische sein") über den
Gelegenheitsfischer ("wir haben doch noch Goldmakrelenfilets im
Freezer") zum Kapitulations-Fischjäger ("wenn Ihr die Sauerei am Heck
gründlich beseitigt, habe ich nix dagegen, dass Ihr die Angel ausbringt").
Aber
wenn schon, dann so: Die Versuchung bei der Vorbereitung auf den Großen Törn
ist groß, sich in Spezial-Angelgeschäften mit umfangreichen Petriheil-Gags
einzudecken, zumal die vielen Blinker, Fischtöter, und ratschenden Rollen im
Vergleich zum Yachtzubehör billig erscheinen und so beim gesamten Yachtzubehör
nicht ins Gewicht fallen. Aber ein paar hundert Euro kommen immer zusammen.
Die
kann man sich sparen, wie uns die Südseeinsulaner lehrten. Dort stellt die
Angelei den Lebensunterhalt sicher. Und deshalb sind die Inselbewohner meist
fanatische Fisch-Jäger. Und ihre Ausrüstung? Fürs Speedboot und die
(nicht:"den") mächtigen Außenborder geben sie meist zigtausend Euros
aus, während sie sich oft mit einer Angelausrüstung begnügen, die
wir eher als "primitiv" einschätzen. Eine Kunststofftrommel
für fünf Euro mit
einer überdimensionierten Leine im
Millimeterbereich von
ein paar hundert Metern, ein Stahlvorfach und ein Blinker mit einem, meist
rotem, Federbusch dran, wars dann schon.
So
rüsten die Polynesier sich nicht aus Sparsamkeit aus, sondern aus
Zweckmäßigkeitsgründen. Und das sollte für uns an Bord auch ausreichen, um den einen
oder anderen Raubfisch an Bord zu ziehen. Am besten gehe man an Ort und Stelle
in ein Geschäft, meist zuständig für Haushaltswaren, und decke sich dort
großzügig, aber preiswert ein. Das Wichtigste ist die große Plastikrolle, die
- mit der einen Hand gehalten - das schnelle Ab-oder Aufrollen
mit einem ledernen Arbeitshandschuh aus dem Baumarkt von ein oder
zweihundert Meter Kunststoffleine erlaubt. Nach dem Ausrauschen der Leine, wird
sie über eine Klampe belegt. Das wars auch schon. Sich dahinter ins Cockpit zu
setzen und darauf zu warten, dass was beißt, wird man sich schnell abgewöhnen.
Denn fast immer geschieht ...gar nichts.
Das
sind nämlich die Fakten: Es gibt Gebiete, da fährt man tagelang herum und
verzeichnet keinen Biß. Dann gerät man vielleicht in einen Schwarm und man
könnte alle zwei Minuten einen Yellow-fin-Thuna
(selten), einen Tazar (in Landnähe), eine Goldmakrele
(der Name ist bezeichnend), einen Barrakuda
oder einen Bonito (häufiger) rausholen. Es gibt verschiedene einfallsreiche
Erfindungen, wie man bemerkt, dass was dran ist am Ende der Leine - vom Gummizug
bis zur Fahrradklingel. Denn in jedem Fall sollte man die Beute rasch einholen,
wenn man sie den Haien streitig machen möchte.
Was
dann kommt, macht mir die Fischerei nach vielen Jahren auf See heute so
unsympathisch: Das klatschende Lebewesen am Cockpitboden, dessen wunderbare
Goldfarbe mit jeder Minute mehr verblaßt, muß von seinen Qualen erlöst
werden. Und hier ist mir der Hinweis des hochseeerfahrenen Chefarztes Professor
von Sommogy besonders wichtig und muss unbedingt von jedem beherzigt werden, der
auch nur einen Hauch von Tierliebe aufbringt:
„Lieber Bobby Schenk,
weil ich gerade wieder einmal in einer Seglerpublikation lesen musste, wie ein "stolzer" Fischer berichtet, den gefangenen Fisch mit einem Guss hochprozentigem Alkohol Raki, Ouzo, Korn) in die Kiemen "betäubt" zu haben: Können Sie
vielleicht beitragen, mit dieser Quälerei der Tiere aufzuräumen?
Die Fische werden nicht betäubt, sondern erleiden einen entsetzlichen Schmerzreiz, der sie bewusstlos macht.
Haben sie sich schon einmal heftig verschluckt? Dann wissen sie nur ungefähr, was ich meine: Es verursacht Todesangst! Ich will an "waterbording" erinnern, das (auch von demokratischen Staaten) zur Folter angewendet wird... .
Ein echter Fischer sorgt dafür, dass das Tier möglichst schmerzfrei getötet wird. Also Kescher und danach ein heftiger Hieb (= sofortige Bewusstlosigkeit) auf den Kopf vor dem Schlachten.
Leider haben Fische keine Stimme, sonst hätten wir Menschen mehr Verständnis für ihre Qualen. Mir wird schlecht bei Bildern von z. B. dem
Thunfisch-Gemetzel vor Sizilien (la mattanza =„Abschlachten“)."
Ich
bin ohnehin kein unbedingter Fischliebhaber. Corned-Beef ziehe ich einer
Goldmakrele vor, wobei ich, der Raubmensch, darüber hinwegsehe, dass ja der
Ochs aus der Dose auch nicht an Altersschwäche gestorben ist. Hab aber ein
gewisses Verständnis, wenn Segelkameraden sich bei mir an Bord als
Petri-Jünger betätigen. Schließlich bekommen sie sonst niemals so frischen
Fisch in die Pfanne. Der, das gilt besonders für die Südsee, weitab von den
Inseln frei von Ciguatera, einer auch bei Menschen
gefürchteten Nervenkrankheit, ist.
Als
bei unserem Atlantiktörn "ohne Compass und Co" (siehe
hier)
die Fischerfraktion
sich doch etwas extensiv betätigte, wollten wir denen das Fischen abgewöhnen.
So hängten wir nachts an die Angel ein Holzklötzchen an den Haken, das alsbald
in der Hoffnung auf einen guten Fang eingeholt wurde. Über die Inschrift auf der
"Beute" wurde zwar gelacht. Geholfen hat der zarte Hinweis aber
nichts.
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