Wer von uns musste nicht im Segel-Grundkurs die Unterschiede von
Ketsch,
Sloop und Schooner oder gar Yawl-Besegelung büffeln? Und wie schaut's heute in
der Praxis aus? Die zahlreichen, ja, fast erschlagenden Anzeigen in den Segelmagazinen zeigen nur noch Einmaster, also Sloops in jeder
Größe, während Mehrmaster, Ketsch oder gar Schooner, erst recht Yawls, aus der modernen
Segelwelt fast zu 100% verschwunden sind. "Fast zu 100% Prozent" ist wortwörtlich zu nehmen,
weil es praktisch keine Schiffswerft mehr gibt, die so ein Rigg anbietet.
Die letzte aufrechte Ketschanbieterin, die französische, hochpreisige
Werft
Amel, die bis in die letzten Jahre ausschließlich (wunderschöne) Mehrmaster,
nämlich Ketschen - der zweite, der Besan-Mast steht vorlicher als das Ruder
und ist im Gegensatz zum Schooner kleiner als der Hauptmast - gebaut hat,
ist jetzt auch, so scheint es, für immer zum Einmaster umgeschwenkt. Und so
kommt es, dass Mehrmaster ausschließlich nur noch als
Gebrauchtboote existieren und angeboten werden. Der Kaufinteressent, der
deshalb immer noch mit der Frage "Ketsch oder Einmaster" konfrontiert wird,
überlegt sich, welche Argumente für einen Zweimaster vorgebracht werden und
warum die heute plötzlich keine Durchschlagskraft mehr haben sollen. Ein oft
vorgebrachter wesentliche Grund für die Daseinsberechtigung eines
Mehrmasters war sicher: Wenn bei einer Schiffsgröße ab, sagen wir, 12 oder
13 Meter, die notwendige Segelfläche schlicht zu groß wird, um von einer
kleinen (Fahrtensegler-)Mannschaft sicher beherrscht zu werden, drängt sich
die Unterteilung mittels eines zweiten Mastes doch auf. Allerdings, das galt
in einer Zeit als Yachten, wenn überhaupt- nur mit schwächlichen Winschen
oder sonstigen Dichthol-Hilfen (Taljen!) ausgerüstet waren. Heute mit
Dreigang-Wischen, gar elektrisch oder hydraulisch betrieben, zieht,
jedenfalls auf Yachten "unserer" Größe diese Begründung nicht mehr so recht.
Dass es aber auch heute noch weitere Argumente für den Zweimaster gibt,
führt der hochsee-erfahrene Thomas Rettenmund nachfolgend aus. Gute
Argumente für den suchenden Schiffskäufer!
Bobby Schenk
Lieber
Bobby Schenk
zuerst mal herzliche Gratulation für den gesamten
Lebenslauf von Ihnen und Ihrer Gattin und das Erreichen des "Weisen
Alters". Hoffentlich in allerbester Gesundheit und ich denke, dass die
vielen Jahre auf dem Salzwasser dazu beigetragen haben. Möge es so
weitergehen.
Ich habe mir jetzt, 68-jährig, für mehrwöchige Törns
in Nord- und Ostsee eine Noordkaper 35 Pilothouse angeschafft. Ein
tolles Boot, gemütlich im Hafen wie am Wind und vor allem sehr ruhig und
sicher im starken Wellengang.
Die Diskussionen
über Ketchs oder Sloops habe ich alle im Hinterkopf. Von der
Jugendzeiten bis vor Jahren nur Slups gesegelt (die letzte war eine
DE37cr).
Was ich jetzt an der
Noordkaper schätze ist,
dass ich bei starkem Wind (so ab n'er
sechs) mit Kutterfock und Besan
gemütlich und sehr ausgeglichen auf dem Ruder liegend, mit wenig Abdrift
das Schiff einfach laufen lassen kann. Weder Peters Heckverzierung
(Anm. d. Red.: Gemeint ist die Windselbststeueranlge Windpilot von
Peter Förthmann), noch Mr Robertson (Anm.
d. Red.: Elektrische Selbststeuerung aus der Berufsschiffahrt)
müssen stark intervenieren. Wird Reffen angesagt, dann habe ich zwei
kleine Segel zu bändigen und kann diese erst noch
zeitversetzt
reduzieren, ganz ohne Stress und, auch wichtig im Alter, mit nicht mehr
ganz so flinken Bewegungen und entwickelten Biszeps, auch
mit weniger
Kraftaufwand.
Und wenn es kalt bläst und Wasser fliegt, ist das
Steuern im geschützten Steuerhaus ein Genuss und die Crew hält auch viel
länger durch.
Raumschots unter Volltuch
läuft das Ding bei 5-6 Bf
gut und gerne optimale Rumpfgeschwindigkeit. Dank der relativ kurzen
Masten (mit weniger Schwingmasse im Rigg!) liegt die Noordkaper auch
absolut treu auf der Backe und ist dadurch stabiler und gemütlicher. Und
es sind doch immerhin gute 14 Tonnen Gewicht zu bewegen!
Natürlich liebte ich an der Dehler 37 die grosse Höhe an den Wind, das
hohe Geschwindigkeitspotential, sogar die elektr. Winschen. Aber das
waren noch die Urlaubszeiten, wo man soviel wie möglich vorwärtskommen
möchte.
Das ist jetzt als Rentner
alles nicht mehr wichtig und
ich bereue keinen Moment, mich für eine Ketch entschieden zu haben. Da
bin ich ganz bei Günther Voigt
(Anm. d. Red.: Weltumsegler mit der Ketsch Pusteblume -
siehe hier!
Frohe Weihnachtszeiten,
guten Rutsch ins neue Jahr und allerbeste Gesundheit wünsche ich Euch.
Herzliche Grüsse
aus Holland
Thomas Rettenmund


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