Wenn sich Safety-Gear gegen einen wendet...


Wassereinbruch auf der Infinity

Die Österreicher Dr. Kerstin und Mag. Martin Giretzlehner planten sieben lange Jahre eine Langfahrt - die wohl als Weltumsegelung enden wird - , bis sie vor zwei Jahren mit einem Katamaran, einem Fountaine Pajot Lucia 40, zum Langtörn starteten. Inzwischen haben sie Bora-Bora erreicht, also gehts ab jetzt "bergab"...

Was jeder weiß: Katamarane können kentern, viele halten sie deswegen für unsinkbar - ein Sicherheitsvorteil. Aber ganz so einfach ist das nicht!

Als der große Altmeister Eric Hiscock mal von einem Möchtegern-Blauwassersegler gefragt wurde, wie er einen Trip um Kap Horn erfolgreich absolvieren könne, antwortete der brave Eric mit dem geradezu klassischen Ratschlag: "Keep the Water out!" Da ist alles an Seglerweisheit drin.

Also, untergehen kann ein Kat wegen der "doppelten Sicherheit" nicht, aber er bleibt in einer stabilen Rückenlage liegen. Hilflos wie ein gekenterter Maikäfer! Was der worst case ist, denn ein Aufrichten eines Fahrtenkatamarans auf offener See ist ohne fremde Hilfe niemals möglich. Die Unglücksraben sind nicht gerettet, denn sie würden in den Luftblasen nicht lange überleben. Deshalb baut man heute vorschriftsmäßig in den Boden eines Kats Sicherheitsluken (rote Pfeile auf dem Foto - auf unserem Katamaran THALASSA) ein, die es der Crew ermöglichen, nach oben auszusteigen.

Sehr viel gewonnen ist damit allerdings nicht. Denn im Ernstfall, also bei einem Wetter, das den Kat umgeschmissen hat, ist man auf dem nunmehr nach oben zeigenden Boden schutzlos dem überschwemmenden und brechenden Seegang ausgeliefert - ohne jeden Halt; denn Festmachermöglichkeiten für die Personen gibt es am Unterwasserschiff nicht (deshalb hatten wir auf der Unterseite unseres Kats längseits Leinen gespannt - grüne Pfeile). Beim nachfolgenden Vorfall auf der INFINITY entwickelt sich die Sicherheitseinrichtung der Bodenluken vielmehr zu einem echten Sicherheitsrisiko:


Der Bericht der Infinity

...Von der Marina Hemingway machen wir uns auf nach Maria La Gorda. Eine riesige Bucht im Südwesten von Kuba mit großartigen Tauchplätzen. Der größte Teil der Strecke ist vor dem Wind und dementsprechend angenehmes Segeln. Das letzte Stück nach der Südwestspitze Kubas ist am Wind und weniger angenehm.

Die Wellen krachen mit Gewalt gegen das Schiff. Um dieses Kap gibt es magnetische Anomalien und wilde Strömungen samt dazugehörigen Wellen. Hier liegen nicht ohne Grund hunderte spanische Segelschiffe aus den vorigen Jahrhunderten auf Grund.

Wir planen die Ankunft mit Sonnenaufgang. Martin hört in seiner Nachtwache plötzlich ein komisches Geräusch aus dem Steuerbordrumpf. Als er sich über die Stufen in den Rumpf begibt, bemerkt er schon die Misere. Mit jeder Welle kommt ein Spritzer Wasser durch die Fluchtluke und spritzt zum Teil quer nach oben auf die Decke. Ein Teil der Lukendichtung wurde durch die Gewalt der herankrachenden Wellen nach innen verschoben. Die Bilge ist durchgehend mit 5 cm Wasser voll. Wir schalten in den Krisenmodus und probieren verschiedene Kurse zum Wind in verschiedenen Geschwindigkeiten.

Mit allen Mitteln wird versucht, das eintretende Wasser zu minimieren. Ein mitgebrachtes gelartiges Dichtmittel bringt nichts, da es dem Druck nicht standhält. Wir wollen die Luke nicht aufmachen um die Dichtung wieder zurückschieben zu können, da eine eintretende Welle bei offener Luke wesentlich mehr Wasser hereinbefördern würde als die vielen Spritzer durch die verschobene Dichtung. Kerstin versucht mit Schneidebrettern und Handtüchern die Luke notdürftig abzudichten während Martin die Pumpen in Stellung bringt.

Die Pumpen funktionieren aber sie fördern kein Wasser, da dafür der Wasserstand höher sein müsste, damit die Pumpe bei der Schaukelei keine Luft mehr bekommt. Mit verringerter Geschwindigkeit und den provisorischen Dichtversuchen tritt fast kein Wasser mehr ein.

Notsignal geben wir keines, da derzeit keine Gefahr für Schiff und Leben besteht. Kerstin befördert das Wasser mit einem Schwamm und Eimern aus der Bilge. Nach 3 Stunden kommen wir bei Sonnenaufgang am Ankerplatz an und werden über Funk informiert, dass wir an einer Boje festmachen sollen. Völlig erschöpft fallen wir erst einmal ins Bett

Die oft zitierten Blauwasser-Segler-Sprichworte können wir absolut bestätigen: „Blauwassersegeln heißt, das Schiff an den schönsten Plätzen der Welt zu reparieren. Oder: Segeln ist wie unter der kalten Dusche Geldscheine zu zerreißen.“

Wie der Törn der INFINITY weiter verläuft, können Sie auf deren Webseite hier verfolgen!

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