Erkenntnisse eines Nicht-Weltumseglers
Was mich gelegentlich beunruhigt, ist das große, ja das immer noch zunehmende, fast allgemeine Interesse an einer eigenen Weltumsegelung. Aus einer Vielzahl von Emails, die mich zu diesem Thema erreichen, lässt sich gut herauslesen, dass zahlreiche Zeitgenossen (fast ausschließlich sind es ja Männer, die mich zu diesem Thema befragen) es als eine Art Pflichtaufgabe ansehen, um die Welt zu segeln. So, als ob es sich um einen Baum pflanzen oder um einen Schulabschluss handeln würde: "Starte ich nächstes Jahr zu meiner (!) Weltumsegelung..."
Sicher, so eine Weltumsegelung ist eine großartige Sache. Und ich gönne dieses wunderbare Erlebnis jedem von Herzen. Aber was ist, wenn sich das Vorhaben aus irgendeinem Grund nicht verwirklichen lässt?
Ich kenne Fälle, wo die Weltumseglerträume geplatzt sind und die Betroffenen dann einen Knacks fürs Leben weg haben.
Dabei gibt’s doch jede Menge anderer großartiger Sachen – ganz ohne Weltumsegelung.
Nachfolgender, sehr persönlicher Beitrag, den der Autor dankenswerterweise zur Veröffentlichung freigegeben hat, mag den einen oder anderen vielleicht zum
Nachdenken bringen.
Bobby Schenk
Weltumsegelung
- nein Danke!
von Günther LUDWIG
Beim zufälligen "durch-Google-zappen" stieß ich auf
Bobby Schenk's Internetseite. Seit Tagen lese ich also Seite für
Seite die Beiträge "in den Wind gesprochen". Heute
das Thema: "Weltumsegeln kann doch nicht so schwer
sein!"
Da fiel mir wieder ein, daß auch ich mal - vor etwa 40
Jahren - in einem der Vorträge vonBobby Schenk in Seeshaupt saß und
mich ab da, als Starnberger See-Vierteltonner-Segler,
mental auf eine Weltumsegelung einstellte - siehe unten mein Bücherregal aus
der damaligen Zeit.
20 Jahre später schrieb ich Herrn Schenk eine äußerst dumme
Mail mit dem Inhalt, daß ich gerne für eine Atlantik-
Überquerung zur Verfügung stünde und bereits eine
Hundeleinen-Laufschiene (an Deck) erfunden hätte.
Das Schöne am Leben ist: man kann so herzlich lachen,
wenn man sich an den Unfug des eigenen Lebens zurück-
erinnert, den man selbst zu treiben imstande war. Nein,
Scham kommt nicht auf, denn "Erfahrung ist die Summe
aller Mißerfolge". Und wem gönne man keine Erfahrung,
deren Sammlung und Auswertung das Lebenselixier
aller, vor allem der jungen Menschen ist.
Ich habe dann etwas Anderes "erfunden", das mir einen
halbwegs sorglosen Lebens-Spätnachmittag erlaubt.
Zurück zu Ihrem oben genannten Artikel:
"Das Leben an Bord muss man sich leisten können"
Noch wichtiger meines Erachtens: man muß es sich leisten wollen.
Nachdem wir (meine wunderbare Frau und ich)
nun in Rente sind, dachten wir daran, den doch sehr
kalten Allgäu-Winter gegen einen warmen Spanien-
Winter einzutauschen. Also wurde ein Neun-Meter-Wohnmobil
angeschafft, 15.000 km Probefahrt gemacht, für gut
befunden, Bandscheiben-OP überstanden, Schmerzfreiheit erreicht, Womo für den warmen Winter ausgerüstet.
Nach drei Wochen kam die Erfahrung/Erkenntnis
die ich heute zu 100% auf Weltumsegelung mit einer
Yacht zwischen 12 und 15 Metern übertragen würde:
"Was zum Teufel bewegt Menschen, die ein warmes,
gemütliches, komfortables Zuhause mit über 200m²
Wohnfläche in einer schönen Landschaft haben,
dazu, es gegen ein unkomfortables, beengtes Leben
auf 20m² Wohnfläche einzutauschen?
Wem will ich damit etwas beweisen? Mir? Oder
gar Anderen? Wozu ? Habe ich meine Pubertät
noch nicht beendet? Muß ich mich noch immer
Gefahren aussetzen, deren Überstehen ein Wohl-
oder gar eine Art Siegesgefühl auslösen? Oder besser:
wovor fliehe ich, und warum?"
Nach vier Wochen waren wir wieder zuhause!
Jetzt lesen wir über Erfahrungen Anderer, die die
Erfahrungen gerade machen, auf deren Erkenntnis
wir verzichten; freiwillig.
Wir wissen heute warum 15jährige Buben dünn
sind (um sich hinter Bäumen verstecken zu
können, um Zebras zu finden), warum 35jährige
Männer muskulös sind (um ein Zebra mit der
Hand zu fangen), und warum alte Männer einen
Bauch haben (um die Zeit zu überstehen, bis das
nächste gefangene Zebra zur Verfügung steht).
Ach ja: Anfang der 80er bröckelte der unbedingte
Drang in die Südsee. Ich wollte die Traum-Orte
zuvor inspizieren, um den richtigen Ankerplatz
zu finden. Papeete, Moorea, Vanatu, Malediven!
Ich war da. Auf gut deutsch: Scheiß drauf ! Kampf-
Mücken so groß wie Spatzen, Kakerlaken so groß
wie bretonische Hummer, von Palmen fallende Kokosnüsse ...
Nee, danke !
Also lese ich mit Vergnügen die Beiträge von Bobby Schenk und
freue mich, in einem ruhig stehenden 180er Bett
geschlafen zu haben, in einem 25° warmen Bad
duschen zu können, und in einem 23° warmen 50qm großem Wohnzimmer ab und zu nach draußen in den
eisigen Regen zu schauen.
Weltumsegelung ... nein danke ... nicht mal als
Milliardär!

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