Bordpraxis:
Satelliten-Telefon
Iridium auf Langfahrt
von
Michael,
SY VERA
SY VERA /
Nautor’s Swan 47 / Design S&S / Bj. 1976 (L: 14.57 m, B: 4,19 m,
T: 2,40 m) segelt mit
Britta (39) und Michael (43) auf Langfahrt seit Sommer 2006, überwiegend auf
der Passatroute, via Gibraltar, Kanarische Inseln, Karibik, Panama, Galapagos,
Marquesas, Tuamotus, Gesellschaftsinseln, Cook, Tonga, Neu Seeland, Fiji,
Vanuatu, Indonesien, zur Zeit Malaysien…
Unsere
Entscheidung für IRIDIUM war anfänglich von dem Umstand begünstigt, dass sich
an Bord unseres alten Bootes eine ebenso alte Kurzwellenfunkanlage befand, die
zwar aufgrund eines Defektes nicht mehr sendefähig ist, aber für
Empfangszwecke und Dekodierung von RTTY Wetterberichten auf dem Laptop durchaus
hinreichendes leistet. Die Kosten für das IRIDIUM Telefon Motorola 9505A incl.
Datenadapter lagen 2006 unter denen einer neuen SSB Funkanlage (z.B. ICOM 802,
nebst Tuner und Pactormodem). Nachdem wir die Angebote mehrerer Gesellschaften
verglichen hatten, entschieden wir uns für einen festen Vertrag (Daten und
Voice) mit der Firma FRANCE TELECOM. Den Hauptvorteil sahen wir zunächst darin,
dass wir für unsere Familien jederzeit telefonisch erreichbar sein würden,
ohne selbst für diese recht teuren Telefonate bezahlen zu müssen.
Schon
im Atlantik lernten wir jedoch andere Vorzüge des Systems zu schätzen. Schon
bald wickelten wir nämlich mit Freuden unseren gesamten E-Mail Verkehr über
das Satellitentelefon ab. Ohne wie andere Boote z.B. auf gute
Ausbreitungsbedingungen der Kurzwelle warten zu müssen, konnten wir mit Hilfe
der Software SKYFILE (Windows oder Macintosh via Parallels) , die einen sehr
effektiven Komprimierungsalgorithmus verwendet,
zu jeder Tageszeit und an jedem beliebigen Ort Daten austauschen.
Typischerweise senden und empfangen wir im Mittel je 5-10, auch durchaus lange
E-Mails (nur Text!) pro Tag. Da es bei IRIDIUM glücklicherweise möglich ist,
mit (kleinen) Attachements zu arbeiten, laden wir darüber hinaus regelmässig
ein für das jeweilige Seegebiet großzügig gewähltes GRIB file (Datenmenge
jeweils um die 15KB) herunter. Kostenfreie
GRIB files (weltweite Wind und Wellenvorhersagen) beziehen wir bei saildocs.com.
FRANCE TELECOM berechnete uns dann für diesen ganzen Luxus typischerweise
zwischen 30,- und 80,- Euro je Monat, was wir in Anbetracht der komplexen
Sachlage für fair halten.
Im
herkömmlichen Sinne telefoniert haben wir nur, wenn dringende Telefonate zu führen
waren. Ein Telefonat IRIDIUM ins deutsche Festnetz kostet zwar nur etwa 1,- E /
min, aber für uns haben sich E-Mails als das letztlich effektivere
Kommunikationsmittel bewährt. IRIDIUM auf IRIDIUM kostet ebenfalls ca. 0,5 E /
min. Das ist in sofern interessant, da inzwischen sehr viele Langfahrtyachten
mit IRIDIUM ausgerüstet und somit jederzeit erreichbar sind. Die Sprachqualität
bei IRIDIUM ist allerdings generell dürftig und die Verzögerung teilweise sehr
lang. Aus diesem Grunde gestalten sich IRIDIUM Telefonate oft eher wie
Funktelefonate incl. OVER oder A TOI an jedem Ende eines Satzes.
Eine
Begebenheit im Oktober 2007 auf Suwarov/Cook Islands hat uns dann endgültig
davon überzeugt, mit IRIDIUM auch in Sachen Sicherheit die richtige Wahl
getroffen zu haben. In der idyllischen Lagune des recht abgelegenen Atolls lagen
damals um die 7 Boote aus 5 Nationen vor Anker. Nachdem sie per
Schnorcheltauchgang auf etwa 10m Tiefe das Grundgeschirr ihres Bootes überprüft
hatte, konnte sich die schon etwas ältere Skipperin eines amerikanischen Bootes
plötzlich an nichts und an niemanden mehr erinnern, auch an ihren geschockten
Ehemann nicht: Verdacht auf Gehirnschlag!
In
der Lagune lag zu diesem Zeitpunkt zwar die deutsche Segelyacht ANTJE mit der
erfahrenen Krankenschwester Antje und einer guten Auswahl an verschiedenen
Medikamenten, aber auf keinem Boot befand sich ein Arzt. Antje schätzte die
Lage als kritisch ein und riet, die verunglückte Amerikanerin baldmöglichst
abbergen zu lassen. Darüber hinaus hielt sie es für dringend notwendig, sich
von einem spezialisierten Arzt beraten zu lassen. Zunächst versuchte man auf
etlichen Booten und von der Rangerstation auf Suwarrov aus intensiv einen
entsprechenden Kontakt über Kurzwelle herzustellen, was allerdings niemandem
gelang. Mit dem IRIDIUM Telefon war es dann dagegen sofort möglich, MRCC in
Bremen anzurufen. Keine Minute später hatte Antje einen deutschsprachigen Arzt
am Telefon, der mit ihr die notwendigen und die möglichen Maßnahmen durchging.
Letztlich ging dieser Unfall glimpflich aus. Antje gelang es, die Verunglückte
mittels Infusionen und Beruhigungsmitteln zu stabilisieren. Zwei Tage später
war sie wieder normal ansprechbar und die beiden Amerikaner konnten die 450 sm
Reise zum Krankenhaus in Pago Pago / Amerikanisch Samoa antreten.
Britta
und Michael, SY VERA,zur Zeit Telaga Harbour.
Anmerkung
Bobby Schenk: Pactor hat gegenüber dem Iridium schon auch nennenswerte
Vorteile, wie zum Beispiel die für viele unentbehrlichen Gesprächsrunden über
viele tausend Meilen hinweg unter Gleichgesinnten, Yachties aus aller Welt.
Aber:
Will man sich nicht mit den Installationsproblemen, gesetzlichen
Hürden (Zulassung, Funkzeugnis etc) und vor allem den höheren Anschaffungskosten
herumschlagen, die die alternative Kommunikationslösung Pactor mit sich
bringen, ist das Satellitenhandy Iridium nahezu eine Ideallösung. Mit 1750 Euro
(in Deutschland) ist man dabei, kann jederzeit an jedem Ort der Welt
telefonieren und angerufen werden. Und das Schönste daran: Selbst als Deutscher
benötigt man - noch - keinen Erlaubnisschein zum Telefonieren!
Zur
Home-Page
Page by Bobby Schenk
E-Mail: mail@bobbyschenk.de
URL of this Page is: https://www.bobbyschenk.de/n004/iridium.html
Impressum und Datenschutzerklärung
|