Da sind sich die meisten Weltumsegler einig: "Das
schönste Revier auf dem Weg um die Welt ist - und war schon immer - die Südsee,
speziell Französisch-Polynesien. Das hat auch die statistische Auswertung der
Serie "Who-is-who im Welt umsegeln" ergeben - siehe hier!
- wo sich von 85 befragten Crews nicht weniger als 84, das sind
98 Prozent für "Südsee und
Südpazifik" entschieden haben. Für nahezu alle Blauwassersegler war diese
Inselwelt das Ziel ihrer Sehnsucht und die Krönung ihrer Weltumsegelung. Und
jetzt das: auf vielen Ankerplätzen in den Gesellschaftsinseln ist das Ankern
untersagt worden, oder es werden nur wenige Plätze ausgewiesen, auf denen das
Ankern - gegen entsprechendes Geld, versteht sich - gerade noch erlaubt ist.
Oder man wird auf teure und wenige Moorings verwiesen. So ist
Ankern in Bora
Bora generell verboten. Und in Moorea, nach Meinung des Altmeisters im
Fahrtensegeln Eric Hiscock die schönste Insel der Welt, sind Moorings nur für
ein paar Yachten reserviert. Ja, es hat sich viel verändert, seit wir mehrere
Jahre auf dieser Trauminsel lebten und segelten. Damals war so etwas wie ein
Ankerverbot generell unvorstellbar, weil mit dem Wesen des Fahrtensegeln und der
Freiheit auf dem Wasser unvereinbar.
Die Masse machts, und nicht ganz unschuldig an dieser
Situation sind auch die Segel-Rallies, wo man gegen entsprechendes Eintrittsgeld
für die Benutzung der Weltmeere betreut und vermeintlich sicherer in kurzer Zeit
"seine" Weltumsegelung erledigen kann.
Hinzu kommt, dass man auf einer Weltumrundung auf der
beliebten Passatroute Französisch-Polynesien kaum vermeiden kann. Das
französische Herrschaftsgebiet von der Größe Europas liegt wie ein
unüberwindbares Hindernis zwischen Galapagos und Fiji. Wer also dort die
Franzosen meiden möchte, muss von den Galapagos, besser noch von Panama aus
direkt nach Fiji durchsegeln, macht: 5000 Meilen oder so - am Stück; dann hat er
das lohnendste Ziel links liegen gelassen. So allerdings hat sich wohl kaum
jemand eine Weltumsegelung vorgestellt.
Aber es gibt einen Ausweg unter Verzicht auf die
erhabenen Gesellschaftsinseln (Huahine, Raiatea, Bora-Bora, Moorea). Da liegen
nämlich am Eingangstor zur Südsee die Marquesas-Inseln, die Heimat von
Paul
Gauguin und Jaques Brel. Als wir vor vielen Jahren zum ersten Mal dort im
Morgengrauen auf die Reede von Hiva Oa einliefen, waren wir wie erschlagen von
der Schönheit, mit der uns die Südsee empfangen hat.
Also warum dort nicht mehr Zeit verbringen, zumal diese
Inselgruppe als hurrikansicher gilt. Oder man segelt in die Tuamotus, einst (vor
Erfindung des GPS) ein gefürchtetes Revier mit unzähligen Inseln (eine
offizielle Zahl nennt 76 Motus), wo man, wie nirgendwo anders "die Südsee" mit
ihren liebenswerten Bewohnern so, wie sie Jack London sehr plastisch
beschrieben und bejubelt hat, erleben kann und wird. Hier mehr Zeit zu
verbringen unter Verzicht auf die Touristen-Attraktionen der
Gesellschaftsinseln, ist gar nicht das Schlechteste.
Dort wird man auch feststellen, dass die Südsee (nicht
Tahiti nebst Nachbar-Inseln) keineswegs überlaufen ist, wie einen manche
Zeitgenossen, denen die Trauben zu hoch hängen, glauben machen möchten.
Französisch-Polynesien ist, wie gesagt, von der Größe Europas, und die paar
tausend Yachten, die die Marinas in Kroatien überquellen ließen, verlieren sich
auf dieser übergroßen Fläche. Und das wird sicher noch ein paar Jahrzehnte so
bleiben, schließlich ist dieses Gebiet für den maritimen Massentourismus zu
abseits gelegen.
Was man aber dringend benötigt, um den Restriktionen der
Französisch-Polynesischen Regierung erfolgreich auszuweichen, ist, man ahnt es
schon, Zeit! Viel Zeit. Wer sich eine Weltumsegelung so im Sabbatical von seinem
Job abknabbern möchte, hat hier wenig Glück. Und wer sich Zeit nicht leisten
kann und eben eine Weltumsegelung
nach Plan in 20 Monaten herunterreißen will, dem wünsche ich trotzdem ein gutes
Gelingen, aber meine Sache wärs nicht. Vielleicht sollte man bei der Planung
einer Weltumsegelung überlegen, ob man die Arbeit nicht vielleicht früher
einstellen kann, um dann mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Frage: Muss es denn
so ein großes Schiff sein, für das man viel länger malochen muss, oder tun es
auch ein, zwei Meter weniger bei der Schiffslänge? Wie wir wissen, kann das
gleich ein paar Jahresgehälter ausmachen, die man gegen Zeit eintauschen könnte.
Und eine schöne Zeitreserve ist ohnehin sehr beruhigend.
Ist es nicht vernünftig, wie Freunde von mir es machen, statt sich mit den
genannten Problemen in Tahiti und Co. rumzuschlagen, für die Hurrikan-Saison
nach den Marquisen zurück zu segeln? Kostet allerdings ein Extra-Halbjahr,
mindestens. Ist aber gut angelegte Zeit.
So, wie ich diesen Freund auf seinem Katamaran
einschätze, wird er während der Zeit in den Marquesas sagen: "Genau jetzt sind
die guten alten Zeiten, nach denen wir uns in zehn Jahren zurücksehnen."
Hier hat Peter Ustinow, von dem diese Worte stammen, vernünftigen Seglern sicher
nicht in den Wind gesprochen.
Bobby Schenk

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