In
den Wind gesprochen (51):
Wieviel
Sicherheit hätten Sie denn gerne?
Solche
Mails häufen sich: "...wir, meine Frau und ich beabsichtigen für die Zukunft an Bord eines Katamarans zu leben.
Ist ein 40- Fuß-Katamaran noch sicher genug für Blauwassersegeln?
Mein Geldbeutel gibt nicht mehr her..."
Abgesehen
davon, dass ich keine Lust habe, quasi als Garantie das Label
"sicher" auf eine für mich fremde Yacht zu kleben, hätte ich es
mir einfach machen können und antworten können: "Eine
Yacht mit 40 Fuß, also 12 Meter 20), oder mehr erachte ich
fürs Blauwassersegeln als "sicher". 39 Fuß dagegen sind
unsicher."
Meine
flapsige Antwort zeigt schon auf, wo hier das Problem liegt. Man müsste
sich der Antwort nähern, indem man zunächst den Begriff
"sicher" definiert. Aber: Ist eine Yacht sicher, wenn sie schwimmt? Ist sie sicher, wenn sie einen Hurricane auf offener See abwettern kann? Oder
ist sie sicher, wenn sie bei fünf Windstärken ohne Schäden
"überleben" kann? Ist das Tretboot sicher, mit dem Rüdiger
Nehberg erfolgreich den Atlantik überquert hat oder das Faltboot, das Dr.Hannes
Lindemann in den 50er Jahren heil über den Atlantik gebracht hat?
Andersrum:
Kann ein auf den Weltmeeren 6 Jahre lang erprobter Frachter namens München mit
260 Metern Länge plötzlich "unsicher" sein, nur weil er eines
Tages im Atlantik nahezu spurlos verschwunden ist?
Im
Umkehrschluss haben wir im A-Scheinkurs gelernt, dass ein Schiff nur dann
unsicher ist, wenn es sowohl kentern als auch sinken kann. Gemeint waren
in erster Linie hölzerne Jollen in den Segelschul-Betrieben, die man zu
seetüchtigen Schiffchen jedenfalls für die Binnenseen aufwerten wollte.
Einigkeit
dürfte darüber bestehen, dass ein Schiff unsicher ist, wenn es seinen
gewählten Hafen nicht mehr erreichen kann, weil es "auf See
geblieben" ist. Das aber hängt von einer Reihe von Faktoren ab, und zwar
unabhängig von seiner Bauart in erster Linie vom Wetter. Die Beaufort-Skala
bewegt sich von 0 Bft bis 12 Bft (manche zählen auch jenseits der 12 weiter).
Aber im Hinblick auf die Sicherheit zählt weniger der Wind, als viel mehr die Höhe
und vor allem die Steilheit der See. Und zwar im Verhältnis zur Länge der
Yacht. Das gilt sowohl für Katamarane als auch für Einrumpfschiffe. Wobei die
besondere Katamaranproblematik darin besteht, dass Katamarane auf Grund ihrer
Bauart zwar kentern, sich aber nicht mehr aufrichten können im Normalfall auf
offener See dann also als Totalverlust einzustufen sind.
Man
könnte nun daraus den Schluss ziehen, dass Einrumpfschiffe generell sicherer
sind als Katamarane. Das stimmt wohl, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass
die Kenterung einer Monohullyacht - gemeint ist hier nur das
"Durchkentern" - sie nach dem logischen Mastverlust ebenfalls in
die Nähe eines Totelschadens bringt.
Man
sieht schon, den Begriff "sicher" für eine Yacht kann man
getrost aus seinem Wortschatz streichen. Es gibt sie nicht, die absolute Sicherheit
auf hoher See. In Asien sieht man beispielsweise auf offener See häufig
Untersätze für Menschen, die sogar zum Wohnen genutzt werden, wie bei den
Seenomaden. Viele der dortigen Fischerboote, würde der verwöhnte Yachtsegler
garantiert nicht im Traum für eine Ozeanquerung benutzen. Oder mal ehrlich, wer von uns
wäre als Besitzer der Suhaili, einem alten keine 10 Meter langem Holzschiff mit
(in unseren verwöhnten Augen) vergammeltem Aussehen, auf die Idee gekommen,
damit nonstop um die Welt zu segeln, und zwar durch die stürmischsten Gegenden,
nämlich die brüllenden Vierziger. Trotzdem, Robin Knox-Johnston hat es gewagt
- und gewonnen. Für mich die bemerkenswerteste Reise in der YACHT-Geschichte!
Als sein damaliger Konkurrent, der Franzose Bernard Moitessier, in Tahiti bei
mir an Bord unseres 34-Fuß-Kunststoffschiffes Thalassa war, meinte er, damit könne
man(!) ohne weiteres um Kap Horn segeln, was für mich unvorstellbar war und ich
deshalb vehement verneint habe.
Was
ergibt sich daraus? Die absolut "sichere
Hochseeyacht" gibt es gar nicht. Es kommt drauf an, was man subjektiv als
sicher ansieht unter Berücksichtigung der eigenen, ganz persönlichen
Möglichkeiten. Zum Beispiel des Segelkönnens, der Umsicht, der Einschätzung
des Tragevermögens einer Yacht unter schwierigen Bedingungen und so fort. Am
allerwichtigsten aber ist die Einsicht, dass Sicherheit allenfalls durch defensives
Segeln erreicht werden kann. Es bleibt nichts anderes übrig, als sich
demütig mit Wetter, Seegang, eigenen physikalischen Fähigkeiten und der Größe
der Yacht sowie ihren sonstigen Eigenschaften auseinanderzusetzen.
Um
auf die Leseranfrage zurückzukommen: Ich könnte auch antworten: "Der
Österreicher Wolfgang Hausner ist allein und "sicher" um die Welt
gesegelt, mit einem selbstgebautem Katamaran von weniger als 33 Fuß." Von
so einem Hinweis hätte der Fragesteller gar nichts. Mit nur einem Funken
Selbsterkenntnis würde er sich denken, dass er eben dieser Hausner nicht ist. Letztlich
kommt es bei der Frage nach der Sicherheit eines Schiffes halt nicht auf das
Schiff, sondern auf den Skippers an.
Als
der große Eric Hiscock gefragt wurde, was man bei einer Kap-Horn-Umrundung zu
beachten hätte, gab er (der übrigens nie dort gesegelt ist) die aufschlussreiche Antwort: "Keep the water out".
Und
damit ist alles zum Thema Sicherheit einer Yacht gesagt. Was dieses
Mal sicher nicht in den Wind gesprochen ist!
Bobby
Schenk
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