in den Wind gesprochen (76)

Bobby Schenks Blauwasserseminar 2021

Man muss heute schon was Besonderes bieten, will man zukünftige Blauwassersegler ins Cockpit einer solchen Veranstaltung locken. Noch dazu, wenn einem Corona zahlreiche Hindernisse in den Weg legt. Zweimal musste ich ein ausgebuchtes Blauwasserseminar beim Deutscher Hochseesportverband HANSA kurzfristig absagen, doch dieses Mal sollte es dank der INTERBOOT in Friedrichshafen - wohl die herzlichste Bootausstellung in Deutschland - klappen. Bemerkenswert: Die INTERBOOT ist weltweit(!) die erste Bootsausstellung, die nach der Corona-Krise unter Leitung des rührigen Dirk Kreidenweiß wieder ihre Pforten öffnete. Obwohl die Auflagen für die Teilnehmer im erneut komplett ausgebuchten Seminar belastend waren: Maskenzwang im Seminarraum, also den ganzen Tag lang, und Corona-gerechte Abstände zwischen den Tischen. Toll, die angehenden Blauwassersegler haben das ohne Murren mitgemacht - siehe Fotos. Und es war wert, diese Mühsal auf sich zu nehmen.

Man muss sich damit abfinden, dass Weltumsegelungen nicht mehr so sensationell sind, wie sie zu Elga und Ernst-Jürgen Kochs oder Wilfried Erdmanns Zeiten einmal waren. Andererseits gibt es heute ein Vielfaches an Rund-um-die-Welt-Aspiranten und die wollen, auch in Google-Zeiten, Informationen aus erster, besser noch aus allererster Hand. Deshalb habe ich auch mein letztes Seminar auf der INTERBOOT am Bodensee wieder mit klangvollen Namen ausgestattet. Nicht weniger als sieben Weltumsegler (echte, also solche, die die Welt unter Segeln wirklich umrundet haben), darunter ein Segel-Olympiasieger und zwei Kap Horniers, hatte ich aufgeboten, die von ihren Unternehmungen berichtet haben. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Zeit der Segelhelden ist vorbei. Die sachliche Information steht im Vordergrund!

Aus zahlreichen Rückmeldungen habe ich gelernt, dass für Segler, die sich auf ein großes Unternehmen (ja, das ist eine Blauwasserfahrt über Ozeane für die Träumer immer noch) vorbereiten, Erzählungen wie „es wird Zeit, zu reffen“ oder „Luken dicht wegen Piraten“ uninteressant geworden sind. Der zukünftige Ozeansegler möchte nicht tolle, gar heldenhafte Stories, wie zum Beispiel das erfolgreiche Abreiten eines Sturms, miterleben, er will hören, wie man sich auf den Sturm vorbereiten kann oder auf englisch: „How to do“!

Michael Menard, der den ersten ernsthaften Simulator für Hafenmanöver entwickelte, hat das begriffen. Seine ungemein realitätsnahen Manöver-Simulationen auf der großen Leinwand dienten nicht dem Zweck, dem unerfahrenen Publikum vorzuführen, wie man tolle Anlege-Manöver durchzieht, sondern wie man Hafenmanöver unter allen Windbedingungen sicher und ohne Schrammen am Boot segelt. Bilder von „schönen Sonnenuntergängen“, ehrlich, liebe Leser, langweilen heute, die gibt es meistens im TV besser.

Ein typisches Beispiel hierfür war das Referat des großen Dr.Ecke Diesch (auf dem Foto links), einer der wenigen deutschen Segel-Olympiasieger. Niemand wollte wissen, wie er zusammen mit seinem Bruder im FD seine Gegner aus aller Welt niederkämpfte, aber damit hatte er ins Schwarze getroffen: Ecke, der selbst ein SWAN 74 um die Welt skipperte, mit Erkenntnissen aus seinem Beruf, die er speziell für Blauwassersegler aufbereitete. Zahnarzt Ecke überraschte mit launigen Worten die wissbegierigen Zuhörer mit dem durchaus praxisnahen Ratschlag: „Einmal Zahnputzen am Tag reicht – aber richtig“ oder mit der Feststellung „Ersatzprothese kostet nur 200 Euro“ oder der Warnung vor so manchem Zahnarzt, denn der könnte nach dem Motto praktizieren: „Jeder Zahn ist einem Implantat im Wege“.

Damit kann jeder was anfangen. Als kleine Sensation empfanden es die Zuhörer, als Ecke sein „Blechle“ (sein Ausdruck), seine olympische Goldmedaille, durch die Reihen gehen ließ. Das ist die einzige Goldmedaille , die meine Zuhörer je in den Händen hatten (reingebissen zur Prüfung auf Goldgehalt hat wegen Corona niemand!).

Kerstin Pieper und Hans Schubert, derzeit im Mittelmeer auf ihrem Katamaran lebend, priesen zu Recht die Vorteile von Lithium-Batterien für Yachten an und rechneten vor, dass diese letztlich auf Dauer preiswerter sind, als die veralteten Bleibatterien.

Elektronikfachmann Hubert Ober (links), aus gutem Grund jedem Yacht-Segler in Österreich als Elektronik-Papst bekannt, erklärte sehr anschaulich die verschiedenen Radars und die Möglichkeit einer Beratung aus der Ferne, wenn der XY-Plotter flimmert.

Professor Dr.Tassani, Chefarzt am Herzzentrum München, widmete sich hochprofessionell den vielerlei medizinischen Notfällen an Bord und beantwortete u.a. die Frage, ob eine vorsorgliche Blinddarm-Operation nach neuesten Erkenntnissen sinnvoll ist - ist sie unter Abwägung der verschiedenen Risiken bei bestmöglicher Behandlung an Bord nicht!

Manfred Jabbusch (unten) berichtete in zwei Vorträgen über einen erfolgreichen Überführungstörn durch die brüllenden Vierziger, "Segeln am Limit" heißt sein Buch. Bravourös lieferte er seine Yacht nach einem Teufelsritt beim Schiffskäufer in Australien ab. Dass nicht alle Törns so glatt verlaufen, erfuhren die Hörer mit ziemlichem Erschrecken, als in einem zweiten Vortrag Manfred erzählte, wie er selbst zweimal - schuldlos - an einem Schiffsunfall mit Totalverlust der Yacht beteiligt war.



Weltumsegler Dr. Klaus Schuback berichtete, wieviel und welche Markenartikel auf seiner sündteuren Yacht kaputt gegangen sind– bis hin zum Mastbruch; schonungslos nannte er Ross und Reiter. Und er wies darauf hin, dass ein Watermaker, so auch meine Meinung, unverzichtbar ist.

Auch der Vortrag von Dr. Uli Ballhausen, ausnahmsweise nicht einmal ein Weltumsegler, kam bestens an. Er legte in seiner lockeren Art nach der Atlantiküberquerung den Unterschied dar zwischen seinen Erwartungen, ja auch Hoffnungen und den späteren, manchmal bitteren und teuren Realitäten, die das Blauwassersegeln so mit sich bringt.

Klaus Schulze zerlegte mit seiner Berliner Schnauze manches in der Literatur dargelegte Sturmmanöver als in der Theorie hervorragend, doch praktisch nicht durchführbar.

Professor Dr. Paretzke, gestandener Universitätsprofessor und - natürlich - auch Weltumsegler mit einem Katamaran, gab ebenfalls durchaus praxistaugliche und amüsante Ratschläge: „Jeden Tag aufs Töpfchen!“ Banal, aber auch wertvoll, oder?

Dagegen konnte der bekannte TV-Meteorologe Dr. Michael Sachweh "naturgemäß" kaum mit Gegenmitteln gegen die Naturgewalten aufwarten. Aber seine großartigen, überwältigend dramatischen Aufnahmen von Wettermonstern (Ist doch liebevoll: „Die Windhose ist der "kleine Bruder des Tornado“) brachte wohl jedermann im vollbesetzten Seminar zu der Erkenntnis: den Katastrophen musst Du unbedingt vorbeugend ausweichen und danach Deine Weltumsegelung planen.

Es ist heute sicher Ansichtssache, ob für´s Blauwassersegeln ein Sextant notwendig ist (nach Schenk ja!). Unabhängig davon hat sich ein Schweizer Segler riesig gefreut, als die Glücksfee von der YACHT, Ursula Meer, das Hauptlos zog: Ein von der Firma Cassens & Plath großzügig gestifteter Sextant (benannt nach einem deutschen Segler) im Wert von ca 2000 € in einem echt geilen, gelben, wasserdichten und schwimmfähigen Behälter.

Die Quintessenz des gesamten Seminars lautet: einfach mal losfahren! Ich habe in meiner Bekanntschaft mehrere Kameraden, die sich penibel auf ihre Weltumsegelung vorbereiteten und sich trotz meiner Warnung jahrelang mit den kleinsten Details abmühten. Sie sind vor lauter Planung nicht einmal losgefahren. Und alle, die einfach mal so starteten, wurden mit der Zeit so firm, dass sie auch eine Weltumsegelung erfolgreich durchziehen konnten.

Ich hoffe, diese Quintessenz war nicht in den Wind gesprochen.

Bobby Schenk

P.S. In nächster Zeit werden auf dieser Webseite in loser Folge einige der gehaltenen Vorträge vorgestellt werden, da diese - wie versprochen - von den Referenten zur Verfügung gestellt worden sind.

Ein paar Stimmen zum Seminar:

Jürgen Schulz:
"Hallo Bobby,
zunächst vielen Dank für das tolle Seminar und dass Du es trotz der Schwierigkeiten mit bester Organisation doch noch realisieren konntest. Wir haben in den 2 Tagen soviel Informationen aus erster, praxisbezogener Hand erhalten, dass ich jetzt erst mal alles ordnen muss. Dazu die durchweg netten Menschen (eben Segler!) und Kontakte, einmalig. Wir haben dabei auch richtig viel an Motivation "getankt" und sind uns jetzt im Klaren, wie unser Weg zum Blauwasser aussehen wird."

Oliver und Melanie Lorscheider:
"Melanie und ich sind immer noch ganz begeistert von Deinem 18. Blauwasserseminar. Wir denken Du kannst zu 120% zufrieden und stolz sein nach so einer genialen Veranstaltung. Es ist unglaublich wie Du es wieder einmal geschafft hast, solche hochkarätigen und sympathischen Referenten für das Blauwasserseminar zu gewinnen. Das ist absolut unschlagbar und einzigartig in der Form. So wundert es uns kaum dass auch dieses Seminar wieder bis auf den letzten Platz ausgebucht war. Während Andere sich um Teilnehmer bemühen und werben müssen, hast Du einfach Deine Fans und bekommst den Saal mühelos gefüllt – denn Du bist eine echte Koryphäe!"

Michael Wegmann:
"Lieber Bobby Schenk,
das Blauwasser-Seminar an der Interboot 2021 war grosse Klasse. Es hat meine hohen Erwartungen klar übertroffen. Die Vorträge waren durchweg ausgezeichnet, hochinteressant, top aktuell, erfrischend pragmatisch und klar.
Die sehr kompetenten Referenten haben ihre Themen in der verfügbaren Zeit griffig und gut verständlich rübergebracht. Ein ganz grosses Kompliment auch an Sie für den ersten Vortrag und die ganz exzellente Moderation. Die Reise nach Friedrichshafen hat sich gelohnt. Ich hoffe, dass das Blauwasser-Seminar auch in Zukunft fortgeführt wird."

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