Hanseatische Yachtschule Glücksburg - die Segel-Hochschule

von Bobby Schenk

Wer nicht weiß, wer oder was der DHH ist, der möge mal einen Blick in die SEEMANNSCHAFT werfen, ein Buch, das die meisten im Schrank haben, der Klassiker der Segelliteratur schlechthin. Da steht nämlich auf den ersten Seiten: "Herausgeber: Deutscher Hochseesportverband HANSA".

Eben der DHH. Das Besondere an diesem bereits 1925, also vor fast hundert Jahren gegründeten Segelverein ist nicht nur, dass er mit 16 Tausend Mitgliedern der mit Abstand größte Segelverein Deutschlands, vielleicht Europas ist, sondern dass er seit je her auch Segelschulen betreibt, darunter die ehrwürdige Hanseatische Yachtschule in Glücksburg, die unter Insidern als die Gralshüterin der Deutschen Seemannschaft gilt. Alles, was an Segelschulen hierzulande gelehrt wird, hat seinen Ursprung in der HYS Glücksburg. Auch der Autor hat seine Segelscheine bis zum damaligen C-Schein (Hochsee, weltweit) beim DHH gemacht. Die Verbindung zum DHH hielt über ein halbes Jahrhundert. So hat die YACHT- mit dem Autor, dem damaligen Schulleiter Atze Lehmann und Christoph Schumann ("die Stimme des Segelsports") als Schiedsrichter –  unter ihren Lesern nach dem Skipper des Jahres gesucht – in Glücksburg natürlich.

Einige Gründe also, das nächste Praxis-Blauwasserseminar in der Gralsburg des Hochseesegelns, nämlich an der Hanseatischen Yachtschule in Glücksburg zu veranstalten und vorher den Veranstaltungsort unter die Lupe zu nehmen. Die Anfahrt per Bahn über Hamburg nach Flensburg und von dort mit dem Taxi war unkompliziert - quasi eine Heimkehr, "back to the roots".

 

Viel hat sich in den letzten 20 Jahren an der Yachtschule geändert. "Betreuer" Andreas Schrank führt mich stolz durch das Gelände und ich staune. Dank eines Millionengeschenks des Hamburger Unternehmers Eberhard Wienholt gibt es eine neue riesige Bootshalle, ein großes Gebäude mit Schulungsräumen und Werkstatt sowie einen geräumigen Speisesaal - mit übrigens ausgesprochen guter Küche.

Im Übernachtungstrakt hatte ich ein bescheidenes Jugendherbergs-Flair erwartet, fand jedoch einen geradezu eleganten Bau für 190 Schüler vor mit pieksauberen, schiffig ausgestatteten Vier-Bett-Zimmern mit eigener Dusche und separater Toilette.

Auch Jochen Kopf (Foto), der neue Schulleiter, der seine Aufgabe sichtbar mit großer Verve und mit Herzblut angeht, berichtet mit Begeisterung von den Leistungen seiner Mitarbeiter und von dem unglaublichen ideellen und finanziellen Einsatz des Wohltäters und Ehrenmitglieds Eberhard Wienholt, ohne den diese Verbesserungen nicht möglich gewesen wären.

Bei aller Veränderung: der gute Geist der Schule ist gleich geblieben. Svante Domitzlaf drückte es treffend so aus: "In Glücksburg wird die Fahne einer vom Ballast befreiten Tradition mit Erfolg hochgehalten."

Davon konnte ich mich auch gleich am ersten Morgen überzeugen - beim Appell unterm Flaggenmast, wo die Nationale vorgeheißt wurde. Die Segelschüler und Schülerinnen waren schon bereit fürs Werkeln auf dem Wasser, alle hatten die Rettungswesten schon angelegt. Doch dann kam der Chefausbilder Jens und machte seinen jungen Segeleleven klar, dass auf Disziplin Wert gelegt wird. Sein Ton war liebevoll, aber unmissverständlich, als er aus gegebenem Anlaß auf die Hausordnung verwies: „Dort steht nicht, dass der Segelschüler pünktlich um 22 Uhr 30 auf einem Zimmer zu sein hat, sondern auf seinem Zimmer!"

Was können denn die Teilnehmer im Segeln alles lernen? Die Antwort: "Seemannschaft", besser gesagt: "Alles". Es werden Kurse für die Jüngsten, für Anfänger und Fortgeschrittene, für Kielbootsegler, für Anfänger-Schulklassen, für die Hochsee-Segler bis hinauf zu weltweiten Törns, zum Beispiel in die Karibik oder in die Seychellen (Höchstalter für Törn-Teilnehmer: 80 Jahre!) etc angeboten. Es versteht sich von selbst, dass hierzu das vereinseigene Bootsmaterial verwendet wird, auch eine 19-Meter-Yacht mit doppeltem Ruderstand. Und, für viele ist das wichtig, selbstverständlich können alle deutschen staatlichen Scheine inklusive praktische Prüfung erworben werden. 

Das Wasser vor der Haustüre - Flensburger Förde mit Blickkontakt nach Dänemark - ist schlechthin ideal zum Segellernen, sei es mit einem der zahlreichen Kielboote, den Folkebooten, für die Jüngsten - auffällig viele Mädchen darunter - den Optis oder den Laserjollen. Das Revier eignet sich für alle Altersklassen, vom kleinen Knirps, der mit anderen Opti-Kindern ausschwärmen will, bis hin zum sportlichen Rentner, der sich auf einen anspruchvollen Hochseetörn vorbereiten muss. 

Das geschützte Gewässer ist ziemlich windsicher, eine hohe See kann sich aber wegen der Landabdeckung nicht aufbauen. Ganze 12 Bootsklassen segeln bei recht steifer Brise  um unser Speedboot mit dem Chefausbilder Jens und der Ausbilderin Johanna, im "Hauptberuf" Studentin. Auffallend ist, dass selbst auf den Anfängerbooten kein Ausbilder mit an Bord ist, dieser vielmehr vom parallel laufenden Schlauchboot mit starkem Außenborder aus seine Hilfestellungen ruft. Die Schule ist heute keineswegs ausgebucht, aber an die 200 Segelschüler, alle ausnahmslos gesichert mit Feststoffwesten, sind bei guten vier Windstärken auf dem Wasser. Bei allem Ernst, mit dem die Schüler jeglichen Alters an die Sache rangehen, ist zu spüren: Segeln macht eine Riesenfreude. Und zwar nicht nur den Eleven, sondern auch den zahlreichen Ausbildern.

Das Ausbilderwesen ist sicher eines der Erfolgsgeheimnisse des DHH, eines gemeinnützigen Vereins. Die Betreuer, Praxisausbilder oder auch Schiffsführer sind keineswegs gut verdienende Profis, sondern, viel besser, allesamt Segler aus Leidenschaft, fast immer ehemalige Segelschüler aus einer der Segelschulen des DHH, die sich als DHH-Ausbilder bewerben können und bei entsprechender Eignung dann ehrenamtlich bei der Ausbildung an der Schule helfen. Man spürt es, merkt es ihnen an, sie bringen Enthusiasmus für diesen "Job" mit. Abgesehen von ein paar „Zuckerln“ wie Mitsegelgelegenheiten etc. gibt es eine Aufwandsentschädigung von 52,50 Euro pro Woche.

Das ist für viele junge Menschen heute kein Betrag, für den es sich lohnt, aufzustehen. Beim DHH ist dies anders. Er verfügt über mehr als 300 Ausbilder und ich habe keinen getroffen, der nicht größte Zufriedenheit, ja sogar Stolz, ausgestrahlt hat. Viele bleiben ihr Leben lang dabei, so wie Rainer, der seit 50 Jahren beim DHH mitmacht.

Also, wer unter den zukünftigen Weltumseglern oder auch Träumern von einer Zukunft auf dem Wasser der Meinung ist, dass seine Segelkünste noch nicht ganz perfekt sind, dem rate ich: "Nichts wie hin zur Hanseatischen Yachtschule!" Sich die Basics in den Kielbooten von den Ausbildern beibringen lassen und dann einen längeren Hochseetörn mitsegeln - mit oder ohne Schein -, so eine Ausbildung rentiert sich immer, und damit ist dann schon der wichtigste Teil für die Vorbereitung auf eine Weltreise mit Bravour erledigt.

Den Rest kann er im 2-tägigen Praxis-Blauwasserseminar in Glücksburg (im Moment leider ausgebucht!) erfahren!

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