Eine perfekte Weltumsegelung
mit der Super Maramu ums Kap der Stürme - und zurück
Der Vater aller Langfahrtsegler, der Engländer Eric Hiscock, hat einmal die "perfekte" Weltumsegelung definiert, dass sie "uneventfull", also ohne besondere Vorkommnisse sein soll. Das trift auf die 18-jährige Segeltour der beiden Schweizer Nathalie und Hanspeter zu. Dass eine Weltumsegelung ein "Traum", "wundervoll" oder "einmalig" ist, wissen wir alle und sicher war die Reise der Nathape das. Aber was viel mehr interessiert, ist die technische Herangehensweise von bis dato Unerfahrenen an ein solches, letztlich erfolgreiches Unternehmen. Denn nur, wenn die Technik "stimmt", kann der Kreis um die Welt erfolgreich und höchst befriedigend werden. Und so beschränkt sich Hanspeter hier auf die rein technischen Aspekte. Von denen kann jeder, der erfahrene Skipper, vor allem der angehende Weltumsgler profitieren. Im nachfolgenden finden sich deshalb wahre Erfahrungsschätze. Zum Beispiel über die richtige Sturmtaktrik. Allein diese paar Zeilen sind für den zukünftigen Weltumsegler ergiebiger, als manche Bücher zu diesem Thema. Aber das ist nur ein kleines Detail. Hält man sich penibel an die, nein an alle nachfolgenden Weisheiten der NATHAPE-Crew hält, kann kaum was schiefggehen.
Bobby Schenk
1. Rückblick auf unsere Segelreise um die Welt
Wir haben in den 90-er Jahren an einem schweizerischen See gewohnt und irgendwann kommt die Frage, was man mit einem „See“ ausser Baden noch alles anfangen kann. Na klar, man kann sich vorstellen, irgendwann einmal ein Schiff zu haben und dazu braucht es Prüfungen. Also haben wir uns für die Motor- und Segelbootprüfung auf Binnenseen angemeldet, praktische Stunden gebucht und dann glücklicherweise die Prüfungen (im 2. Anlauf) auch bestanden. Danach erlangten wir den Fähigkeitsausweis zur Führung von Sport- und Vergnügungsschiffen auf See, welcher aus einem theoretischen und einem praktischen Teil bestand. Ein Schiff für den See haben wir uns nie zugelegt. Aber später, Mitte der 90-er Jahren ergab sich die Möglichkeit, unser bestehendes Leben aufzugeben und etwas komplett neues zu probieren. Wir entschieden uns, nach einem meertüchtigen Schiff umzusehen, um damit eine Reise „ohne Grenzen“ und „ohne zeitliches Limit“ zu unternehmen.
2. Wahl des Schiffes
Von Schiffen hatten wir keine Ahnungx und unsere Segelerfahrung bestand nur aus einigen Törns während des Praktikums für den Fähigkeitsausweis. Wir sind den Kauf „unseres“ Schiffes zugegebener weise etwas naiv angegangen, aber es hat unheimlich Spass gemacht und ich denke, dass wir trotz unserer Naivität zu einem guten Ergebnis gekommen sind. Wir haben die Schiffmessen in Genua, Paris, Hamburg und Düssedorf besucht. Vieles hat uns gefallen, aber nichts überzeugte uns, bis wir in Düsseldorf vor dem Stand der französischen Werft AMEL standen. „AMEL“ … das sagte uns etwas … wir erinnerten uns ans Praktikum, wo wir so ein Schiff sahen und der Skipper beiläufig meinte, das wäre der „Rolls Roys“ der Segelschiffe.
Nun gut, wir schauten uns den „Rolls Roys“ der Segelschiffe an und wir wussten, die Super Maramu ist unser Schiff. Wir haben dann eine gebrauchte Super Maramu gesucht, aber nichts passendes gefunden. Die Preise der offerierten Schiffe lagen so nahe am Neupreis, dass wir uns entschieden, das Schiff bei der Werft anfertigen zu lassen. Es war nicht nur der Preis, welcher uns veranlasste, eine neues Schiff zu kaufen, der wichtigste Grund war, dass Amel 1994 die Mechanik der Super Maramu überabeitet und neu gestaltet hat und wir wollten von dieser Verbesserung profitieren.
Alles in allem können wir im Rückblick sagen, dass wir für unser Vorhaben genau das richtige Schiff gekauft haben. Während 25 Jahren sind wir ungefähr 80-tausend Seemeilen mit diesem Schiff gesegelt und es hat sich in allen Situation bewährt. Die Super Maramu ist qualitativ einwandfrei gebaut, sehr einfach zu segeln, starke Winde sind kein Problem und das Schiff ist für unsere Begriffe schnell, bei gutem Wind sind pro Tag 180-200 SM leicht zu erreichen. Und, neben den guten Eigenschaften, war sie uns für ein Vierteljahrhundert ein sehr schönes Zuhause.

3. Zubehör
Unser neues Schiff war von Anbeginn komplett ausgerüstet, 70 Lt/h Wassermacher, (unnötige) Klimaanlage, Mikrowelle, 6.5Kw Generator, alles inklusive, sogar Geschirr und Besteck waren an Bord, die Schiffsflagge war gehisst und der Tank war voll.
Unter dem Motto „auch Gutes kann man Verbessern“, haben wir im Laufe der Jahre einiges geändert. Die wichtigste Änderung war der Einbau von vier Fenster im Salon (etwa wie bei der Amel 54). Diese vier Fenster haben die Ambiente des Schiffes sehr positiv geändert. Aber ansonsten blieb das Schiff im Originalzustand und beim Austausch von defekten Geräten suchte man eine bessere, modernere oder komfortablere Lösung. So haben wir u. A. den Wassermacher für ein 150 Lt/h Gerät gewechselt. Das Beiboot wurde für ein AB mit 2.90 m Länge mit festem Boden und einem 15 PS Aussenborder getauscht.
Wir haben zwei Geräte zusätzlich eingebaut: Ein vorausschauendes Echolot, welches sich sehr bewährt hat und man einen damit redundanten Tiefenmesser besitzt. Das 2 Gerät war ein komplett separater zweiter Autopilot, welchen man bei Bedarf durch einfaches Umschalten in Betrieb nehmen konnte. Der Autopilot ist das 3. Besatzungsmitglied an Bord. Wenn dieses ausfällt, wer will dann bei einer Ozeanüberquerung das Schiff 24 Std/Tag selber steuern?
4. Ersatzteile
Plant man eine Reise in abgelegene Gebiete, weit ab unserer Zivilisation, dann sind Ersatzteile extrem notwendig. Kleine und einfache Pannen können die Reise sehr unangenehm werden lassen, auch in uns gewohnten Gebieten. Fällt z.B. die Süsswasserpumpe aus, woher bekommt man dann das Wasser? Mit einer Ersatzpumpe am Lager ist das Problem in einer halben Stunde gelöst.
Unser Ersatzteillager war sehr umfangreich:
* Pumpen für Wasser, Motor, Generator, Toiletten, etc.
* Öl- und Dieselfilter, Keilriemen, Auspuffkrümmer, Impeller
* Zubehör für Bugstrahlruder und Propeller.
* Propeller Aussenbroder & Impeller
* Ein zusätzlicher Set Segel
* Diverses Kleinmaterial und entsprechendes Werkzeug
Dank unserem Ersatzteillager konnten wir in all den Jahren alle aufgetretenen Pannen selbst beheben. Wir denken, dass die Möglichkeit die Defekte am Schiff selbst zu regeln unsere Reisen sehr vereinfacht haben. Ohne gutes Ersatzteillager und mit zwei linken Händen ausgestattet, sollte man sich besser innerhalb der Reichweite einer Marina mit entsprechenden Shops und verfügbaren Mechaniker aufhalten, sonst wird man an einer Reise in abgelegene Gebiete keinen Spass haben … denn, die geträumte Freiheit wird dann in Ärger, Abhängigkeit und Stress umgetauscht.
5. Navigation
Für die Navigation haben wir einen Computer mit OpenCPN benutzt und sehr gute Erfahrung gemacht. Auf dem Notebook kommt alles zusammen, alle Seekartentypen, AIS, Radar und man kann sich immer an Neuigkeiten flexibel anpassen. Wichtig für uns war das Kartenmaterial. Ist man an abgelegenen Orten, dann ist man froh, auf verschiedene Karten-Ressourcen zurückgreifen zu können. Wir haben dieses Thema auch hier behandelt:
6. Finanzen
Viel Leute interessieren sich, wie man so eine Reise finanziert. Hier unsere kurze Antwort :
Vergisst man die Anschaffungspreis für das Schiff (das Geld muss man einfach haben, sonst lässt man es besser sein) und reduziert die Fixkosten auf ein Minimum, dann ist das Reisen erschwinglich, aber trotzdem, es kostet etwas.
Wir selbst haben alle Besitztümer verkauft und damit waren wir frei. Unsere Ausgaben reduzierten sich auf den Unterhalt des Schiffes (Wartung, Diesel, Ersatzteile) und die Reise (Nahrungsmittel, Transport, etc). Für ein Schiff in unserer Grössenordnung reichen unserer Meinung nach10.000.- € pro Jahr für den Unterhalt. In diesem Betrag sind Antifouling, neue Segel, Ersatzteile, etc. mit eingerechnet. Kostenmindernd muss in unserem Fall berücksichtigt werden, dass wir ein neues Schiff besassen.
Das Geheimnis ist, dass man die Arbeiten selbst ausführt und die Ersatzteile günstig beschafft hat, denn wenn man diese bestellen muss, dann kann es teuer und ärgerlich werden (Liegekosten während dem Warten, Kosten der Lieferung, Zollgebühren, etc.).
Die Grundausgaben für das Leben sind spärlich. Im Prinzip sind es die Kosten für die Lebensmittel und dann vielleicht noch ein paar Euro für den Transport (lokaler Bus, Fähre, etc). Teurer wird es dann, wenn grössere Reisen mit Flugzeug, Hotel und Mietauto unternommen werden. Wir haben mehrere solcher Reisen als „Backpacker“ unternommen und festgestellt, dass man z.B. in Asien sehr günstig Reisen kann.
7. Route
Als etwas unerfahrene Segler konnten wir uns gar nicht vorstellen, dass es eine andere Route als nach Westen zu segeln gibt. So führte unser Weg bis auf wenigen Ausnahmen in dieser Richtung. Um ehrlich zu sein, hatten wir kein Ziel, auch nicht die Welt zu umrunden. Wir sind frei von allen Zwängen los gesegelt und sagten uns, solange es uns gefällt bleiben wir dabei. Alles andere hat sich ergeben. Man hat natürlich seine Vorlieben, nach welcher sich dann die Details einer Route anpassen. Uns gefallen die abgelegenen Orte und wir wollen so viel wie möglich mitnehmen, was am Weg liegt. Und da wir zeitlich ungebunden waren, haben wir uns auch viel Zeit gelassen. Natürlich gibt es immer Orte, die man aus irgendwelchen Gründen nicht besucht hat. Eine Alternative für uns wäre eine Atlantiküberquerung von Senegal nach franz. Guyana gewesen. Wir sind von den Kap Verden direkt nach Barbados gesegelt. Senegal haben wir nie besucht, aber franz. Guyana liefen wir auf unserer Rückreise an. Wie auch immer, man verpasst eigentlich nichts, weil man gleichzeitig nur an einem Ort sein kann und ist man dort, kann man nicht hier sein!
Unsere Route war in zwei grosse „Abschnitte“ aufgeteilt. Der Erste Teil der Reise dauerte 14 Jahre und endete in Asien. Wir haben in dieser Zeit natürlich viel gesegelt und auch viel gesehen. Soweit es ging, haben wir alles mitgenommen und angeschaut, was möglich war. Der zweite Teil dauerte ein Jahr. In diesen 12 Monaten haben wir 3 Ozeane überquert, den indischen Ozean, den Süd- und den Nordatlantik. Dieses „fortwährende“ Segeln auf sehr langen Strecken hat einen ganz besonderen Reiz. Die Einsamkeit und totale Abgeschiedenheit ist einmalig. Diesen Teil der Reise möchten wir nicht missen. Auch bei diesem Abschnitt haben wir alle möglichen Länder besucht und uns die maximal erlaubte Zeit zum Bleiben genommen (u.a. 3 Monate in Südafrika).
Wir haben uns im Jahr 2019 entschieden, eine zweite Segelreise via Patagonien zu unternehmen. Im Frühjahr 2020 wurden wir bei den letzten Vorbereitungsarbeiten in Almerimar vom „Covid“ blockiert und die Reise fiel leider damit aus.

8. Umgang mit den Behörden
Viele Segler empfinden die Behördengänge als Last. Andere machen es sich einfach und informieren sich im Voraus, wie das Procedere abläuft und was dabei verlangt wird. Mit einem freundlichen Lächeln und genügend eingeplanter Zeit sind die obligatorischen Behördengänge kein Problem.

Behörden in Indonesien
Es gibt noch andere „Behördengänge“. Auf einigen Inseln im Pazifik (vor allem Fidschi) muss man für das Ankern und die Spaziergänge an Land beim Dorfchef um Erlaubnis fragen und man sollte auch ein Geschenk mitbringen. Das Geschenk ist immer Kava, welches man auf den Märkten sehr billig kaufen kann. Diese „Behördengänge“ sind ein Genuss. Man wird herzlich willkommen geheissen, hat seinen Schwatz und es finden sich immer Kinder oder junge Leute, welche bereit sind, uns, den „Fremden“ das Dorf zu zeigen und die Leute vorzustellen. Vielfach wird ein „Meke Meke“ (Fest) veranstaltet, bei welchem ausgetaucht, getanzt und vor allem Kava genossen wird.
Auch eine Frau kann Chef des Dorfes sein
9. Seekrankheit
Seekrankheit verdirbt unserer Meinung nach den Spass und die Freude am Segeln. Wir beide hatten das Glück, praktisch immun von der Seekrankheit zu sein. Es gab Gäste auf unserem Schiff, welche selbst bei sehr ruhigem Wasser so krank wurden, dass sie das Schiff verlassen haben und den Rest des Urlaubs in einem Hotel verbrachten.
10. Stürme
Stürme sind selten, Flauten oder zu wenig Wind trifft man häufiger an. Auf unserem Schiff gab es kein Sturmsegel und wir haben uns auch nie eine Taktik überlegt. Der einzige Sturm auf offener See mit 50 bis 60 Kn Wind erlebten wir im Pazifik, in der Nähe von Wallis. Wir haben die Insel gesehen, erachteten aber das Risiko als zu gross, durch den Pass in die Lagune zu fahren. So änderten wir den Kurs in Richtung Futuna und Alofi. Die Sturmtaktik lernt man schnell, wenn man einmal mitten drin ist. Der Lärm vom Wind ist enorm und die horizontal fliegenden Regentropfen und auch die Wellen sind beeindruckend. In so einer Situation kann man nur vor dem Wind ablaufen! Alles andere schien uns unmöglich. Um Ablaufen zu können, braucht man vor sich viel Meer, d.h. wenn da eine Küste kommt, wäre das eine sehr gefährliche Situation. Wir hatten dieses Problem nicht und segelten die 200 SM mit einem minimalen Hauptsegel zwischen 140 und 160° in Richtung Futuna und Alofi, wo wir zwischen den beiden Inseln ankerten und auf das Ende des Sturms warteten. Im Nachhinein erfuhren wir, dass während dieser Tage der Schiffsverkehr und die Flüge zwischen den Inseln eingestellt wurden.
Es gibt auch unerwartete Stürme, z.B. am Ankerplatz. Für diese hatten wir eine Taktik. Immer nach dem Ankern fütterten wir den GPS mit einer Route des Fluchtweges. Das hat sich mehrmals als ausserordentlich hilfreich erwiesen. Das letzte Mal im Norden von Sardinien. Wir ankerten bei Dunkelheit in der grossen Bucht bei Altura. Bei Neumond und absolut null Sicht gab es um 2 Uhr morgens Regen und Starkwind um die 50 Kn. Der Anker hielt nicht und das Schiff driftete. In einer solchen Situation muss alles schnell gehen, man hebt den Anker und fährt irgendwo in Sicherheit. Nur sollte man für dieses Manöver etwas sehen. Natürlich kann die Navigation einschaltet oder den Kompass benutzt werden. Aber viel einfacher und schneller ist es, wenn man nur einen Knopf drücken muss und der Autopilot steuert auf dem kürzesten Weg die sichere Route an, dann muss man nur noch kontrollieren. Wir haben dann später auf unserem Track mit Schrecken gesehen, dass wir in Richtung Land gedriftet sind und nur etwa drei Schiffslängen vom steinigen Ufer entfernt waren.
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