Olympiasieger
Dr.Jörg Diesch als Fahrtensegler
Regattasegeln
und Fahrtensegeln sind zwei verschiedene Welten. Und die Menschen dahinter
unterscheiden sich wie Wanderer zu Leistungssportlern. Jörg Diesch, einer
der wenigen deutschen Olympiasieger im Segeln, ist beides - alles zu seiner
Zeit. Und jeweils wenig verkniffen. Locker räumt er ein, dass er von
Seemannschaft wenig Ahnung hatte. Wer traut sich als Weltumsegler schon, das zu
sagen? Vielleicht ist diese Lockerheit gerade das Geheimnis seiner großen
Erfolge.
Wie kommt ein
Regattasegler zum Blauwassersegeln?
Jörg:
Ein wenig ausholen muss ich
schon. Es handelt sich fast um einen fließenden Übergang.
Nach dem Sieg der Goldmedaille
im FD wurden mein Bruder Eckart und ich auf die brandneue Swan 76 von Franz
Burda eingeladen. Wir sollten beim Swan World Cup vor Sardinien aushelfen. Es
war schon ein gigantischer Sprung vom Flying Dutchman (6 m, 160 kg) auf einen
Luxus Cruising-Racer (23m, 45 t). Ab sechs Windstärken kam das „Ding“ erst
richtig in Fahrt.
Über den zufälligen Kontakt
zu einem Düsseldorfer Finnsegler landeten wir in den Endsiebzigern auf
Illbrucks Pinta. Neben der Taktik habe ich mich sehr für die Navigation
interessiert und ich habe auf den Langstreckenregatten dem Navigator ständig über
die Schulter geguckt um meine taktischen Entscheidungen zu optimieren. Mit
diesem bisschen (meist sehr stürmischer Hochseeerfahrung) bestückt, d.h.
zweimal um den Fastnet Rock und einmal von Sardinien um Porquerolle in Frankreich, habe
ich die Herausforderung angenommen, oben besagte Swan 76, die Garuda II, um die
Welt zu schippern.
Das kam folgendermaßen: Franz
Burda suchte einen Aushilfskapitän und wusste, dass ich gerade mein
Staatsexamen hinter mir hatte. Ich schlug vor, um nicht die Zeit im Mittelmeer
abzusitzen, um die Welt zu segeln. Mit dem Plan, seine Frühjahrsferien bei der
Antigua Race Reek und seine Sommerferien in der Südsee zu verbringen, konnte
sich Franz gut anfreunden und gab
mir zur Sicherheit einen erfahrenen Navigator, den inzwischen leider
verstorbenen Karl Vetterman aus Österreich - viele kennen noch seine "Barawitzka"-Buchserie
- an die Hand.
Ohne größere Vorbereitung –
ich wusste nur, wo man wegen der Hurrikane wann besser nicht sein sollte – ging
es 1981 im Mittelmeer los. Freunde, überwiegend aus der Jollenszene, halfen
etappenweise bei der Überführung. Zu Beginn haben wir in Frankreich das Schiff
bis oben hin mit Lebensmitteln voll gestopft. Ich dachte wohl rund
um die Welt gäbe es nichts mehr zu kaufen. Doch die Erfahrung lehrte uns
schnell, dass es überall leckere landesübliche
Spezialitäten gibt, vor allem auch günstiger als in Frankreich. Auch an
Werkzeug waren wir reichlich bestückt. Das Schweißgerät zum Beispiel hätten
wir sicher sparen können, denn irgendeinen Schlosser in irgendeiner Hintergasse
findet man auf der ganzen Welt.
Eine der besten Investitionen
hingegen waren die beiden Tauchflaschen und der kleine Kompressor. Sowohl die
zusätzliche Schiffssicherheit - ein unter einer Mooring-Leine fest hängender Anker oder
die typische Leine in der Schraube waren fortan kein Problem mehr - als auch der Genuss der unbeschreiblichen
Unterwasserwelt, machten die Reise noch unvergesslicher. Aus einem kleinen Büchlein
habe ich die wichtigsten Tauchregeln gelesen und bin niemals auf irgendwelche
Probleme gestoßen.
Wir haben die Garuda fast
regattamäßig auf allen Etappen um die Welt gesegelt. Der Autopilot ging nach
vier Wochen kaputt und seine Elektronik war damals noch so kompliziert, dass wir sie
irgendwo repariert bekamen.
Von Seemanschaft hatte ich als
Regattasegler noch wenig Ahnung. So waren wir teilweise sehr unvorsichtig. Bei Halbwindkurs mit genügend
Krängung war das Schaukeln vom Großmast sehr
beliebt. Natürlich wurde der Schaukelnde von den an Bord gebliebenen immer
wieder tüchtig gefiert, so dass es einen unfreiwilligen Salzwassereinlauf gab.
Ein anderes regelmäßiges Highlight war, sich bei 12 Knoten Fahrt hinterher
ziehen zu lassen mit unvergesslicher Ganzkörpermassage. Trotz eindringlicher
Warnungen unseres Navigators ist hierbei keiner von einem Hai gebissen worden.
Am gefährlichsten – und das würde ich jetzt auf hoher See, bei großer Welle
und voller Fahrt unter Spinnacker, nicht mehr erlauben – war Wasserskifahren mit Start und Landung an der Bordwand. Bis der Spinnacker geborgen wäre,
würde man einen verlorenen Mann wohl kaum wieder auffinden. Erst als "Rupse"
nach einer
schwierigen Bergung für 3
Monate einen gelähmten Arm hatte, sind wir vorsichtiger geworden.
Inzwischen bin ich doch
deutlich älter und ruhiger geworden. An der Wochenendsegelei auf der Ostsee
habe ich, im Gegensatz zu vielen meiner Freunde, keinen Gefallen gefunden. Ich
segle lieber in Badehose und T-Shirt und schwimme gerne im klaren warmen Wasser.
So hat mich eine Annonce in der
Yacht betreffend eines geräumigen Motorseglers zu erstaunlich günstigem Preis
in die Türkei gebracht.
Seit 6 Jahren bin ich nun hier
mehrere Wochen im Jahr ein glücklicher „Segelbummler“, manchmal auch
Blauwassersegler. Manches mal kreuzen wir bei leichter Brise zwischen den Inseln
auf und ab und nutzen natürlich wenn möglich die günstigen Winddreher durch
die Landablenkung. Auch stelle ich die Segel fast immer optimal zum Wind, weil
es mir einfach weh tut, wenn ein Segel zu dicht oder zu offen getrimmt ist - man
sieht, der Regattasegler schlummert noch in mir.
Manches Mal liegen wir eine
Woche in ein und derselben Bucht obwohl es noch viele andere zu erforschen gäbe.
Ich denke, es liegt an meinem anstrengenden Beruf, dass ich gerne dahin gehe, wo
ich mich auskenne und wo ich weiß, dass es schön ist. Die Abenteuerlust wird
wohl erst mit dem Abbau der beruflichen und familiären Verantwortung wieder
steigen.
Wenn wir etwas mehr Zeit zur
Verfügung haben, dann gehen unsere Reisen mit unserem gemütlichen Motorsegler Carolin entlang der Küste bis Antalya in
die wunderschönen alten Häfen mit
den Restaurants innerhalb der antiken Stadtmauern. Oder wie im letzten Sommer nach
Bodrum und bis an das Ende der Gökova Bucht. Dann bin ich stolz, wenn wir trotz
schlechter Kreuzeigenschaften unseres Schiffes kaum die Maschine benutzen müssen,
da uns die Nachtbrise nach Westen und die Tagesthermik wieder zurück nach
Fethiye bringt.
An Bord erhole ich mich in
einer
Woche so wie in drei Wochen zu Hause, die Sonne macht mich, meine Frau Angela und
die Kinder lebensfroher, das Segeln bringt uns der Natur sehr nahe, genau so wie nachts an
Deck zu schlafen und Sternschnuppen gucken und morgens die ersten Sonnenstrahlen
zu erleben (mit einer heißen Tasse Kaffee in der Hand).
Nochmals zurück zum Thema: Ich
glaube jeder Lebensabschnitt hat seine harten und seine schönen Seiten. In der
Jugend will man sich eher körperlich verausgaben und mit dem Gegner messen,
zumindest ich habe mich auf den Regattabahnen rund um die Welt sehr wohl gefühlt.
Jetzt gebe ich im Beruf mein
Bestes und bin froh auf dem Wasser nicht auch noch gefordert zu sein. Da ist
Blauwassersegeln eine der besten Möglichkeiten, aktiv zu entspannen, quasi seine
Batterien wieder aufzuladen, die Alltagsprobleme zu vergessen und wie in meinem
Falle die Patchworkfamilie unter einen Hut zu bekommen.
Langfristig werde ich versuchen
mehr und mehr Zeit auf dem Wasser zu verbringen und vielleicht sogar nochmals
die Welt zu erkunden.
Lieber Bobby, liebe Carla ich wünsche
mir, dass uns unsere Wege noch einmal kreuzen, wie damals in der Südsee……..
Euer
Jörg
P.S.: Wer die Türkei ohne
Stress erleben möchte kann die „Carolin“ chartern unter
www.fit-and-sail.de
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