Schusswaffen an Bord von Blauwasseryachten 2004


Vor ein paar Jahren hätte man dieses Thema allenfalls im Zusammenhang mit dem Jagen besprochen, niemals aber unter der Überschrift „Sicherheit an Bord.“ Inzwischen aber kann längst nicht mehr als Seemannsgarn abgetan werden, dass es nahezu in allen Teilen der Erde Seeräuber gibt, Piraten also.

Also Waffen an Bord? Kaum ein Thema zur Blauwassersegelei wird kontroverser diskutiert als diese Frage. Und jede der Parteien wird ein Schreckensszenario bereithalten, das für ihre Ansicht spricht. In einem Fall ist es das Schnellboot mit einem Dutzend zu allem entschlossene Räuber bemannt und mit modernen Automatikwaffen ausgerüstet, im anderen Fall ist der zerlumpte Gauner, der mit einem Messer bewaffnet zur Yacht am Ankerplatz rausrudert.  

Jeder wird die Frage nach Schusswaffen an Bord für sich beantworten und entscheiden müssen. Nur von einem Umstand sollte er sich die Antwort nicht diktieren lassen: Ob er eine Schusswaffe legal erwerben kann? Was im übrigen auch in Deutschland nicht so schwierig ist - siehe ganz unten.  

Was auffällt, ist, dass bei der Erörterung dieses Themas Argumente oft ins Feld geführt werden, die geradezu abwegig sind oder zumindest so klingen („wenn Du eine Waffe an Bord hast, musst Du sie auch einsetzen…“ oder ähnliches). Deshalb sollte man der Frage nachgehen, welche Schusswaffen zweckmäßig sind und wie sie gegebenenfalls eingesetzt werden können. Der Laie hat hierzu meistens ganz falsche, weil recht abenteuerliche Vorstellungen - sowohl zur Wirkung, als auch zur Gefährlichkeit, als auch zur Leistungsfähigkeit des potenziellen Schützen.

Also, wenn schon  Waffe, dann sollten wir uns von wirklich Sachkundigen beraten lassen. Deshalb kommt hier ein anerkannter Fachmann zu Wort:


Eine Waffe darf auf einer Yacht nur zur Selbstverteidigung eingesetzt werden

von Martin Gantschnigg

 Dipl.- HTL – Ing. für Waffentechnik und forensischer Gutachter auf dem Gebiet der Waffentechnik

martin.gantschnigg@muenchen-mail.de

Es gibt mehr als genug Literatur, die dieses Thema behandelt.  Vorwiegend werden Techniken vorgestellt, die, ohne Tabus zu brechen, auf theoretische Alltagsgefahren eingehen. Dies gilt für rein körperliche, als auch für bewaffnete Abwehrmaßnahmen. Allen diesen Veröffentlichungen ist aber gemein, dass viel Training erforderlich ist, um die Techniken umsetzen zu können. Was allerdings meist zu kurz kommt, ist, dass Angst, Schrecken und Bestürzung den Handlungsablauf wesentlich beeinflussen, dass scheinbare Stärke aus dem Besitz einer Waffe zu Zwangshandlungen und schierer Mut zu nicht wieder gut zu machenden Situationen führen kann.

Die folgenden Ausführungen orientieren sich an normal erzogenen, nicht an ständige Gefahren gewöhnte und an nicht speziell ausgebildeten Personen, die sich auf einer Yacht befinden.

Verteidigung im engeren Sinn soll das eigene Leben vor drohenden rechtswidrigen Angriffen von Menschen schützen. Daraus folgt, dass der Einsatz einer Schusswaffe, deren Einsatz immer tödlich sein kann, zur Verteidigung des Eigentums von vorneherein ausgeschlossen ist. Liegt also eine Yacht vor Anker und kommt ein unbewaffneter Strolch an Bord, so ist zunächst der Einsatz einer Schusswaffe nicht gerechtfertigt, es sei denn, dass auf Grund von körperlicher Überlegenheit auch unmittelbar Gefahr für die Yachtsleute selbst besteht. Eine bloße Drohung mit einer z.B. im Gürtel steckender und sichtbaren Waffe zur Abschreckung kann in einem solchen Fall durchaus erfolgreich sein. Sinnvoll wäre eine solche passive Abwehr nur dann, wenn man in Kürze wieder absegelt. Andernfalls könnte dieses Verhalten dazu führen, dass allein die Gier nach der Waffe oder vermutete verteidigungswürdige Wertsachen so starke Begehrlichkeiten auslösen, dass der Kerl mit Unterstützung anderer wieder zurückkommt. Selbstverständlich ist der Einsatz einer Waffe auch dann gerechtfertigt, wenn erkennbar das Ziel des Überfalls nicht nur darin besteht, Raubbeute zu machen, sondern auch(!) die Yachtinsassen (beispielsweise als lästige Zeugen) auszuschalten. Diese Voraussetzung ist bei einem bewaffneten Raubüberfall regelmäßig gegeben, zum Beispiel, wenn am Ankerplatz ein Räuber mit einer Schusswaffe in der Hand an Bord steigt.

Aus dem gerechtfertigten Zweck des Waffeneinsatzes zum Schutz des eigenen Lebens ergeben sich mehrere grundlegende Rahmenbedingungen:

Ein Angriff erfolgt in aller Regel überraschend.

Es ist auch unter gefährlichen Gesamtumständen kaum möglich, einen Angriff vorher zu sehen. Nähert sich beispielsweise der Yacht ein kleines Außenborderboot, so kann es sich bei den Insassen um harmlose Fischer handeln, die um ein paar Zigaretten betteln, aber auch um Kriminelle, die sich die Yacht, fernab von anderen hilfsbereiten Menschen, als leichte Beute auserkoren haben. Straftäter operieren heimtückisch; sie bestimmen Zeit, Ort und Opfer. Sie legen auch die Art des Angriffes fest.

Dem kann abgesehen von einer allgemeinen Wachsamkeit kaum ein wirksames Mittel entgegengesetzt werden. Hier gilt es seine Sinne zu schärfen und seine Umgebung bewusst auf neuralgische Punkte hin zu beobachten. So ist es zum Beispiel sinnvoll, ungebetene Besucher auf einsamen Ankerplätzen erst gar nicht an Bord zu lassen, sondern sie aufzufordern, aus einer größeren Entfernung zur Yacht schon ihre Wünsche mitzuteilen. Dadurch werden Angreifer gezwungen, längere Wege zu überwinden, die einen geringen Zeitvorsprung entweder zur Flucht, oder zur Wappnung auf Verteidigung ermöglichen. Freilich kann ein Täter mit einer Schusswaffe eine große Entfernung überbrücken. Doch auch hier gilt: je größer die Entfernung, um so besser die Chancen.

Auch ansonsten sollen eskalierende Situationen, wie Streitgespräche, Einmischung in andere Angelegenheiten (abgesehen von Nothilfe) vermieden werden; in einem sich daraus entwickelten Verteidigungsfall kann unter ungünstigen Umständen ein Schuldvorwurf abgeleitet, oder konstruiert werden.

Vorhersehbare Gefahren sollten auch im Bewusstsein der eigenen Bewaffnung vermieden werden. Achtung: Eine Waffe verführt dazu, die eigenen Fähigkeiten zu hoch einzuschätzen.

Panik

Ein plötzlicher Angriff lähmt den logischen Verstand, emotionale Handlungsweisen übernehmen die Führung, weil die Bewältigung von Konfliktsituationen, die den eigenen Tod zur Folge haben können, nicht zum üblichen Lebensablauf gehören.

Man kann bei ehrlicher Selbstbetrachtung sehr wohl die eigenen Reaktionen auf spontane Ereignisse, wie Knall, Sturz, gefährliche Verkehrssituation, als Zeuge einer Gewalttat usw. abschätzen. Normalerweise wird man einräumen müssen, dass man kaum in der Lage ist bewusst richtig zu reagieren; vieles läuft unter dem Eindruck des Ereignisses intuitiv ab. Und genau an dieser Stelle muss das Training ansetzen. In erster Linie steht die Flucht- und Abwehrbereitschaft. Also: Woher und von wem droht die Gefahr, wohin kann ich flüchten, Schutz des Kopfes mit der freien Hand, Griff nach der Waffe. Danach kommen die nächsten Überlegungen, gefährde ich Unbeteiligte, reicht meine Waffe zur Verteidigung oder provoziert sie eher, ist es tatsächlich ein Angriff?

Obgleich auf einer Yacht nur schwer zu realisieren, ist eine erfolgreiche Flucht (am Ankerplatz durch Überbordspringen) - eventuell sogar unter Verlust des eigenen Schiffes - jedenfalls besser, als die Verteidigung, zumal nach fragwürdigen Situationsbereinigung erfahrungsgemäß monatelang Lebenszeit vergeudet wird, weil Verhöre, Gerichtsverhandlungen und möglicherweise eine Bestrafung wegen Notwehrüberschreitung (gerechtfertigte Notwehr, jedoch mit unverhältnismäßigem Mittel usw.) oder Putativnotwehr (vermeintliche Notwehr) droht.

Die ererbte Scheu anderen Verletzungen beizubringen oder gar zu töten

Über Notwehr und Kampf zu sprechen ist die eine Seite, einen Menschen zu verletzen oder zu töten eine ganz andere. Diese Ausführungen wären nicht notwendig, wenn die angeborene Scheu vor solchem Tun nicht im Verteidigungsfall hinderlich wäre. Straftäter haben diese Barriere überschritten, Menschen, die deren Machenschaften ausgesetzt sind, erwachsen auch im Verteidigungsfall Grenzen, die wertvolle Zeit verstreichen lässt. Hier müssen Yachtsleute, die sich in potenziell piratengefährdeten Gebieten aufhalten und sich damit zusammenhängenden Gefahren bewusst aussetzen, entschieden an sich arbeiten, um den Wehrwillen zu stärken. Hat man durch Zaudern selbst eine Verletzung davon getragen, ist eine wirkungsvolle Gegenwehr kaum mehr möglich. Es muss jedem Verteidiger seines Lebens im Vorhinein die Tötung seines Angreifers klar sein. In akuten Überfällen bleibt für Gewissensentscheidungen kein zeitlicher Spielraum. Anders sieht es bei sich anbahnenden Gefahren ohne Fluchtmöglichkeit aus. In solchen Fällen kann die Verteidigung vorbereitet und der Gewissenskonflikt abgebaut werden.

Das Fehlen taktischer Kenntnisse

Als „Normalsegler“, also als Alltagsbürger ist man nicht an Verteidigungsszenarien gewöhnt. Es ist deshalb dringend angeraten, einen Kurs im Verteidigungsschießen zu belegen. Hierbei werden unter anderem,  insbesondere auch das Erkennen von Deckungen und deren Nutzung geschult.  Allerdings ist zu beachten, dass es auf einer Yacht, ausgenommen vielleicht auf einer Stahlyacht, keine Deckung gibt, die nicht von einer Kugel durchschlagen werden kann.

Waffen und Munition

Das wichtigste Thema schlechthin. Waffen unterliegen der Geschmacksfrage. Sie sollte allerdings weit in den Hintergrund gestellt werden und das Gerät nach seiner Zweckmäßigkeit angeschafft werden.

In aller Regel wird eine Kurzwaffe (Pistole oder Revolver) zur Debatte stehen, schon damit eine versteckte Trageweise oder griffbereite Aufbewahrung an Bord ermöglicht wird. Die Frage nach der Waffenart orientiert sich vor allem an den technischen Besonderheiten. In jeden Fall sollte die Waffe aus (salzwasserfestem) rostfreiem Stahl bestehen; letzteres gilt auch für die später beschriebenen Langwaffen.

Pistolen funktionieren automatisch; die Ausbildung zur sicheren Beherrschung ist allerdings aufwändig. Der Vorteil liegt in der höheren Magazinkapazität, im raschen Magazinwechsel und im gleich bleibenden geringen Abzugswiderstand.

Pistolen sind allerdings von der Qualität der Munition abhängig. Schadhafte Munition, die zu wenig Gasdruck entwickelt, führt zwangsläufig zu Funktionsstörungen; die erfolgreiche Verteidigung ist damit in Frage gestellt. Auf einer Yacht im salzhaltigem, agressiven Umgebungsklima ist somit nicht unbedingt zu einer Pistole zu raten.

Revolver sind mechanische Mehrlader und somit von der Munitionsqualität nicht abhängig. Die Handhabung ist unproblematisch. Allerdings begrenzt sich der Munitionsvorrat in der Waffe auf fünf oder sechs Patronen; das Nachladen ist zeitaufwändiger. Die Waffe sollte eine Lauflänge von nicht unter 4“ (Zoll) aufweisen, damit das Pulver zur Gänze umgesetzt wird. Bei kürzeren Läufen werden nämlich bis zu 60% der Treibladung unverbrannt aus dem Lauf gestoßen. 

Munitionstypen und Kaliber gibt es wie Sand am Meer. Wesentlich ist, dass die Munition stark und überall erhältlich ist. Zu empfehlen sind deshalb für Pistolen die Kaliber 9 mm Para (9x19 mm) oder .45 ACP und für Revolver .357 Magnum (hier kann mit preisgünstigerer Munition des Kalibers .38 spez. trainiert werden).  Als Geschosstyp sollten solche mit Teilmantel und Hohlspitze verwendet werden; für Sonderfälle sollten auch Patronen mit Vollmantelgeschossen zur Verfügung stehen.

Double-Action-Revolver, Kaliber .357 Magn.Pistole mit Spannabzug, Kaliber 9 mm ParaMunition (untereinander maßstäblich, nicht jedoch zu den Waffen) von links: 9 mm Para TMHsp (Teilmantel Hohlspitz) und . 45 ACP TMHsp (davor aufgepilzte Geschosse nach Weichteilbeschuss), .38 spez TM (Teilmantel) und .357 Magn. TMHsp

Die Wirkung von Waffe und Munition

Filme und Legenden glorifizieren die Wirkung von Waffen ins Absurde. Die Realität sieht weniger spektakulär aus. Dazu ist wichtig zu wissen:

Um Augenblickswirkungen zu erreichen, sind Faustfeuerwaffen und ihre Munition in aller Regel nicht geeignet. Ein Schuss wird vom Getroffenen zunächst als Schlag auf den Körper verspürt. Werden Knochen, insbesondere Gelenke getroffen, so ergeben sich augenblicklich starke Schmerzen, einhergehend mit starken Beeinträchtigungen der Bewegungen der getroffenen Extremität. Treffer in die Wirbelsäule führen im Allgemeinen ebenfalls zum spontanen Erliegen des Angriffes. Kopfschüsse können je nach Trefferlage zum sofortigen Tod, aber auch nur mehr oder weniger starken Irritationen führen. Als Verteidiger muss man wissen, dass letztendlich tödlich verletzte Angreifer bis zu ihrem Tode durchaus kampffähig bleiben können. Dem Verfasser sind Herzschüsse bekannt, bei denen die Betroffenen noch minutenlang völlig aktiv waren, oder sogar noch mehrere hundert Meter von einem Berg absteigen konnten. In einem Fall konnte ein Rechtsbrecher mit zerfetztem Herzen noch eine Person erschießen, ehe er selbst verstarb.

In einem Verteidigungsfall, der sich meist spontan ergibt, wird man ohne entsprechendem Training wohl kaum in der Lage sein, Extremitäten so zu treffen, dass die Handlungsweise des Getroffenen sofort unterbunden ist. Es ist auch schwierig kleine Ziele, wie Schulter-, Ellenbogen- oder Hüftgelenk anzuvisieren und zu treffen. Das Gesagte gilt schon für den Einsatz einer Schusswaffe an Land. Erst recht leidet die Treffgenauigkeit auf einer durch Seegang bewegten Yacht.

Üblicherweise wird als größtes zur Verfügung stehendes Ziel der Rumpf allgemein gewählt. Es liegt auf der Hand, dass im Rumpf lebenswichtige Organe getroffen werden können. Ihre Verletzung führt jedoch nicht zwangsweise zum Abbruch des Angriffswillens, wenngleich in weiterer Folge der Tod infolge von Verbluten eintreten kann. Es ist völlig indiskutabel, nach einem Schuss abzuwarten, ob der Angreifer Wirkung zeigt. Daraus ergibt sich, dass mindestens zwei, wenn nicht mehr Schüsse in rascher Reihenfolge abzugeben sind. Dabei sollte man dem Angreifer nicht selbst die volle Körperkontur bieten, sondern seine Schmalseite und in Bewegung bleiben.

Teilmantelgeschosse mit Hohlspitze begünstigen insbesondere bei Knochentreffern eine Kalibervergrößerung. Damit können die Energien stark vermindert und Durchschüsse mit Hinterlandgefährdung (Personen unter Deck!) reduziert werden.  Dieser Vorteil bei Weichzielen kehrt sich in einen Nachteil, wenn Deckungen (Scheiben, Platten usw.) durchdrungen werden sollen. Hier sind Vollmantelgeschosse von Vorteil.

Wichtig zu wissen: Munition der genannten Kaliber können bei geeigneten Treffern  bis auf etwa 2000 m Entfernung tödlich wirken!

Das ernüchternde Resümee aus diesen Ausführungen ist die Tatsache, dass der Einsatz einer Schusswaffe auf einer Yacht zur Eigenverteidigung ohne die Gefahr eines tödlichen Schusses auf den Angreifer mit allen sich hieraus ergebenden Konsequenzen nicht möglich ist.

Übungen

Es wird empfohlen, einen Kurs zu belegen und ständig zu trainieren. Dabei ist der treffsichere Schuss auf kurze Distanzen, etwa bis 7 Meter ebenso wichtig, wie das schnelle Ziehen und Schießen. Wie bereits erwähnt,  sollten mindestens Doubletten (2 Schüsse in kürzester Zeit) geschossen werden. Ganz wesentlich ist, dass die getroffene Fläche nicht größer als 25 x 25 cm (Körperbreite) ist, weil bei stärkeren Streuungen die Fehlschüsse andere Menschen (Mitsegler) gefährden können.

Auf hoher See sind Schießübungen gefahrlos möglich. Am besten wirft man zwei schwimmfähige Ziele (Obstschalen, Papierstücke) aufs Wasser und „bekämpft“ sie abwechselnd mit Doubletten.

Ein besonderes Augenmerk ist auf die Erkennung des Angreifers zu richten. Eine Kugel, die aus dem Lauf ist, kann nicht mehr aufgehalten werden.

Der Einsatz von Langwaffen

Unter den Langwaffen ist besonders die Flinte, ein Gewehr mit glattem Lauf aus dem Schrote verschossen werden, zur Verteidigung geeignet. Das Kaliber sollte nicht unter 12/70[1] liegen und als Munition sollte solche mit Postenschroten[2] gewählt werden.  Die Schrotkorngröße sollte nicht unter 4 mm betragen, um ein gewisses Maß an Eindringungsenergie zu erreichen. Auf einer Yacht sollte Schrotmunition aus Kunststoff verwendet werden, denn Papphülsen quellen bei Feuchtigkeit auf und passen dann nicht mehr ins Patronenlager; Ladehemmungen sind dann vorprogrammiert.

Bei der Wahl der Waffe sollte eine Vorderschaftrepetierflinte bevorzugt werden. Sie gestattet ein rasches Laden, indem der Vorderschaft ähnlich einer Pumpe (Pumpgun) zurückgezogen und wieder nach vorne geschoben wird. Auf Yachten praktisch wäre ein Pumpgun mit Klappschaft, die allerdings nach deutschem Waffenrecht verboten ist. Da ein Schiff unter deutscher Flagge auch dem deutschen Waffenrecht unterliegt, kommt somit nur die „Festschaftversion“ in Frage.

Der Umgang mit derartigen Waffen muss unter Anleitung geübt werden, weil speziell beim Entladen Fehler gemacht werden können. Jede Vorderschaftrepetierflinte ist mit einer Verschlusssperre versehen, die eine versehentliche Öffnung des Verschlusses während des Schusses verhindert.  Wäre dem nicht so, dann würde beim Einziehen der Waffe in die Schulter der Vorderschaft nach rückwärts gezogen und die Waffe somit entriegelt. Erst nach dem Schuss wird die Sperre aufgehoben. Diese automatisch wirkende Sicherung gegen Öffnen verhindert auch das Entladen des unter dem Lauf befindlichen Röhrenmagazins. Daraus folgt. Wenn sich also der Vorderschaft nicht nicht öffnen lässt, dann ist die Waffe jedenfalls gespannt, möglicherweise sogar geladen. Allerdings besitzen derartige Waffen einen Entsperrknopf, mit dem der Verschluss frei gesetzt wird. Besonders wichtig zu wissen ist ferner, dass zum Entladen des gefüllten Magazins, die Patronen nur über dem Umweg, die Munition in den Lauf zu laden, entladen werden kann. Daraus resultiert die permanente Gefahr, dass versehentlich ein Schuss ausgelöst werden kann.

Flinten sind dazu bestimmt, aus einem glatten Lauf eine Anzahl von Geschossen gleichzeitig zu verschießen, um auf kurze Distanzen schnell bewegliche Ziele wirkungsvoll zu treffen.

Büchsen hingegen verschießen auf große Distanz mit hoher Treffgenauigkeit Einzelgeschosse. Für solche Waffen findet sich in Bezug auf Verteidigung keine Rechtfertigung.

 

 

Vorderschaftrepetierflinte mit Klappschaft und Pistolengriff (in Deutschland verboten), darunter Patronen, Kal. 12/70 mit Postenschrot (rechts aufgeschnitten)  

Eine Verteidigung mit Waffen der hier vorgestellten Art ist sinnlos, wenn der Gegner mit schweren automatischen Waffen (nicht unüblich bei „moderne“ Piraten) ausgerüstet ist. Die eigene Bewaffnung kann unter Umständen einen härteren Angriff provozieren, was zum Beispiel möglicherweise den Tod des berühmten Seglers Sir Peter Blake beim Überfall auf seine Yacht in Brasilien verursacht hat.

Achtung: Der Erweb, Transport, das Führen und der Besitz sind unterschiedlich geregelt. Machen Sie sich vor(!) der Beschaffung der Waffe mit den für Sie wichtigen Gesetzen vertraut!  


[1] 12 bedeutet den indirekten Laufinnendurchmesser. Das Maß ergibt sich aus der Anzahl gleich großer Bleikugeln (hier 12), die ein engl. Pfund wiegen. Kaliber 16 bedeutet einen kleineren Durchmesser, weil eben 16 gleich große Bleikugeln ein engl. Pfund wiegen. Die Zahl 70 bedeutet die Hülsenlänge im verschossenen Zustand; im unverschossenen Zustand ist die Hülse kürzer.

[2] Postenschrote besitzen ca. 8 mm Durchmesser.


Wie kann ich Waffen legal erwerben und aufs Schiff bringen?

Nachtrag von Bobby Schenk:

Voraussetzung für den Besitz einer Waffe (Ausübung der tatsächlichen Gewalt) nach deutschem Recht (das auf einem deutschen Seeschiff gilt), ist eine Waffenbesitzkarte. Sie wird von Kreisverwaltungsbehörden in Deutschland ausgestellt, wenn der Antragsteller ein Bedürfnis für den Besitz einer Schusswaffe nachweist oder zumindest glaubhaft macht und keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers bestehen. Wenn also jemand mit seiner Yacht in piratenverseuchten Gewässern segelt, nicht vorbestraft ist und die entsprechende Sachkunde nachweist (Kurs und Schießübungen), liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte vor. Der Antragsteller hat sozusagen einen Anspruch auf Erteilung der erforderlichen Genehmigung. Die Behörde wird über das genauere Procedere Auskunft erteilen.  

In die zu erteilende Waffenbesitzkarte werden dann die entsprechenden Waffen eingetragen. 

Damit hat aber der Segler noch lange nicht das Recht zum „Führen“ einer Waffe erlangt. Braucht er auch nicht, denn für sein umfriedetes Besitztum – dazu zählt die bewohnbare Yacht ist dies nicht notwendig.

Eine andere Frage ist, wie die in Deutschland dann mittels Waffenbesitzkarte erworbene Feuerwaffe auf die Yacht kommt. Auch das kann durchaus legal geschehen, indem sie im Flugzeug auf dem Weg zur Yacht mitgeführt wird. Selbstverständlich nicht im Handgepäck, sondern im Hauptgepäck, wobei Waffe und Munition getrennt verpackt sein müssen. Zu keinem Zeitpunkt darf während des Transports die Waffe schuss- oder zugriffsbereit sein. Das wäre ein verbotenes Führen der Schusswaffe. Im übrigen erkundige man sich einige Tage vor Abflug bei der Fluggesellschaft (die die Zusendung der Waffenbesitzkarte in Kopie verlangen wird) und beim Bundesgrenzschutz, der die Berechtigung nachprüfen wird. Ein solcher Transport einer Waffe kann in manche Länder unmöglich sein. In England beispielsweise ist der Besitz von Faustfeuerwaffen generell verboten. Somit kann ein Revolver oder eine Pistole dorthin nicht transportiert werden, auch wenn das Land nur zum Umsteigen angeflogen wird.

In allen Ländern, in denen die Yacht einreist und wo die Waffe deklariert wird, werden die deutschen Berechtigungsscheine verlangt und auch anerkannt. Wobei es in entfernteren Gebieten, besonders in kleineren Staaten vorkommen kann, dass der Beamte vom Zoll die rechtliche Bedeutung der Waffenbesitzkarte nicht recht überblicken kann. Was verständlich ist, denn schließlich werden in jedem Staat andere Formulare benutzt. So könnte es auch sein, dass  zum Beispiel der Europäische Feuerwaffenpass (der seiner Bezeichnung nach schon nur im Gebiet der EU Geltung hat) als ausreichende Berechtigung angesehen wird. in der Praxis in jedem Fall wichtig ist, dass die betreffenden Waffen im Legitimationspapier eingetragen sind.

Einen Revolver oder ein Gewehr an Bord zu haben, kann also durchaus legal sein. Illegal verhält sich die Besatzung dann, wenn mit der Yacht die Waffe in einen fremden Hafen gelangt und nicht bei der ersten Gelegenheit bei den Behörden angemeldet wird. Was auf eine Deklaration der Waffen hin geschieht, ist von Land zu Land unterschiedlich. Hier wird die Waffe im Zollschrank versiegelt, dort nehmen die Behörden sie für die Dauer des Aufenthalts unter Verschluss, andernorts begnügen die Hafenbehörden sich mit einer Zeigefingerwarnung, sie ja nicht zu benutzen. Ich war noch in keinem Land, in dem es mit der ordnungsgemäß deklarierten Waffe Schwierigkeiten gegeben hätte. Hierzu sollte man wissen, dass auf Handelsschiffen das Mitführen auch schwerer Waffen die Regel ist und dass amerikanische Yachten dem fast nie nachstehen.

Ganz dumm finde ich deshalb das Verhalten mancher Yachtsleute, beim Anlaufen eines Hafens ihre Waffe zu verstecken. Denn wenn sie – beispielsweise im Zusammenhang mit einer Routinefahndung nach Rauschgift – entdeckt wird, ist man sie los, möglicherweise sogar auch das Schiff. Denn das Ganze nennt sich dann Waffenschmuggel.

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